Zu den Parlamentswahlen in Weißrussland erklärt
Marieluise Beck, Sprecherin für Osteuropapolitik:
Die
gestrigen Wahlen stellen keinen demokratischen Fortschritt dar. Wieder
wurden Studierende zur vorfristigen Stimmabgabe genötigt, obwohl diese
Variante für Manipulationen bekannt ist. Wieder
wurde die Opposition kaum zu den Wahlkommissionen zugelassen. Das
Wahlumfeld mit der staatlich kontrollierten Presselandschaft,
Unterdrückung von Opposition und kritischen Stimmen macht eine
demokratische Willensbildung unmöglich. Vor allem das stumme Auszählen
der Stimmen erlaubt es, trotz anwesender Beobachter jedes beliebige
Wunschergebnis zu verkünden. Angesichts der weiter bestehenden Mängel
fällt kaum ins Gewicht, dass zwei Oppositionskandidatinnen ins Parlament
einziehen können.
Ein
Zeichen für die anhaltend schlechte Lage von Demokratie und
Meinungsfreiheit in Weißrussland sind die Repressionen gegen das einzige
unabhängige Umfrageinstitut IISEPS von Professor Oleg
Manajew im Vorfeld der Wahlen. Mit einer Diffamierungskampagne im
Staatsfernsehen und Strafandrohung gegen Mitarbeiter wurde das
international geachtete Institut dazu gezwungen, nach 25 Jahren seine
Arbeit in Weißrussland einzustellen. Dieser herbe Verlust
für die Entfaltung von Meinungsfreiheit und Wissenschaft in
Weißrussland schadet dem Regime selber. Präsident Lukaschenko geht ein
wichtiger Indikator für die Stimmung im Land verloren, während die
Machtvertikale nur genehme Botschaften produziert.
Wenn
angesichts der russischen Aggression gegen die Ukraine die EU ihre
Politik gegenüber Weißrussland anpasst, darf die schlechte Lage für
Demokratie und Menschenrechte in Weißrussland nicht
beschönigt werden. Unterstützung für das Land und seine Unabhängigkeit
müssen unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft geschehen und mit der
Erweiterung von demokratischen Spielräumen in Weißrussland verbunden
werden.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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