Zum heute vorgestellten Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit erklären Monika Lazar, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus, und Stephan Kühn, Berichterstatter für den Aufbau Ost:
Nach
dem Sommer 2015, der besonders in Sachsen durch die massive Zunahme an
rechter Gewalt in Erinnerung geblieben ist, stellt der Schwerpunkt
Rechtsextremismus im Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der
Deutschen Einheit ein wichtiges Signal dar. Das öffentliche Benennen von
gesellschaftlichem Rassismus ist ein erster Schritt, um die Spirale der
Gewalt gegen Geflüchtete und andere Minderheiten zu stoppen. Dresden,
Heidenau und Freital sind Symbole einer Gesellschaft, in der Rassismus
in weiten Teilen akzeptiert wird. Der von der Bundesregierung in diesem
Zusammenhang verwendete Begriff „Fremdenhass“ führt jedoch in die Irre,
weil er den Betroffenen eine Fremdheit zuschreibt, die von
Rechtsextremen und Populisten häufig zur Legitimation von
Diskriminierung oder Übergriffen genutzt wird. Rassismus ist als solcher
zu benennen. Es darf jedoch nicht bei der Benennung bleiben.
Bei
den Protesten gegen die Aufnahme von Flüchtlingen sei deutlich
geworden, dass die Grenzen zwischen bürgerlichen Protesten und
rechtsextremistischen Agitationsformen zunehmend verschwömmen. Es ist
gut, dass die Bundesregierung dies endlich zur Kenntnis nimmt. Die
Bundesregierung spricht von „besorgniserregenden Entwicklungen“, die das
Potenzial hätten, „den gesellschaftlichen Frieden in Ostdeutschland zu
gefährden“. Daher muss sie nun handeln. Eine schwache Zivilgesellschaft,
die von Bund und einigen Ländern jahrelang allein gelassen wurde, sowie
die vor allem im ländlichen Raum zum Teil katastrophale Situation der
Infrastruktur gehören zu den Ursachen des Problems.
Die
Wirtschaftsförderung für die ostdeutschen Länder mit dem Auslaufen des
Solidarpakts II in ein gesamtdeutsches System für strukturschwache
Regionen zu überführen, ist richtig. Bisher ist es aber bei der
Ankündigung im Koalitionsvertrag geblieben. Die Zeit drängt, die neue
Förderkulisse muss bis zum Ende der Legislaturperiode stehen. Die
Neugestaltung der Daseinsvorsorge mit Blick auf das Ziel „gleichwertiger
Lebensverhältnisse“ lässt sich nämlich nicht durch Pilotprojekte und
Modellvorhaben lösen. Die Kanzlerin steht im Wort, die im
Koalitionsvertrag festgehaltene Vereinbarung umzusetzen und endlich die
notwendigen Schritte für die vollständige Angleichung der Renten
zwischen Ost und West einzuleiten und ein verbindliches Datum für die
Umsetzung festzulegen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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