Areva-Skandal: Greenpeace veröffentlicht Report zu fehlerhaften Bauteilen
Paris/Hamburg, 29. 9. 2016 – In 55
Prozent aller französischen Atomreaktoren droht ein massiver Störfall
verursacht durch fehlerhafte Bauteile aus der Stahlschmiede Creusot
Forge. Betroffen sind auch Meiler an den Standorten Fessenheim und
Cattenom unweit der deutschen Grenze. Ein aktuelles Gutachten (http://gpurl.de/nBeWY)
des Londoner Ingenieurbüros John Large im Auftrag von Greenpeace kommt
zu dem Ergebnis, dass insgesamt 107 Bauteile an 14 französischen
AKW-Standorten gravierende Probleme mit mangelhaftem Stahl aufweisen.
„Die französische Atomaufsicht muss sofort handeln und die betroffenen
Meiler vom Netz nehmen“, sagt Greenpeace-Atomexpertin Susanne
Neubronner. „Frankreichs AKW sind eine akute Gefahr für Millionen
Europäer.“
Large hat eine umfassende Dokumentation
der französischen Atomaufsicht ASN ausgewertet. Sie beschreibt Mängel an
Dampferzeugern und anderen AKW-Bauteilen aus der Stahlschmiede Creusot
Forge des französischen Areva-Konzerns. Der verwendete Stahl weist eine
zu hohe Kohlenstoffkonzentration auf, die bei starker Beanspruchung zu
einem Bersten des Materials führen kann. Bei 19 Reaktoren sind die
Kohlenstoff-Anomalien an den Dampferzeugern festgestellt worden. Das ist
besonders riskant, denn auch nach Ansicht der französischen
Sachverständigenorganisation Institut de Radioprotection et de Sûreté
Nucléaire (IRSN) kann das Versagen eines Dampferzeugers eine
Kernschmelze verursachen. Derzeit sind lediglich vier Reaktoren wegen
weiterer Untersuchungen vom Netz, darunter ein Reaktor in Fessenheim bei
Freiburg. Die restlichen 15 AKW laufen ungedrosselt weiter.
Fehlerhafte Bauteile müssen umgehend ausgetauscht werden
Erstmals wurden beim AKW-Neubau in
Flamanville im Jahr 2014 Mängel am verbauten Stahl des
Reaktordruckbehälters festgestellt. Daraufhin veranlasste die ASN
weitere Untersuchungen, die enthüllten, dass hunderte
Produktionsunterlagen für Bauteile der Stahlschmiede Creusot Forge
unvollständig und fehlerhaft waren. Kontrollen der betreffenden Bauteile
deckten die normwidrigen Anormalitäten des Stahls auf.
Der Large-Report kritisiert, dass die
derzeitigen Untersuchungsmethoden von Areva und dem AKW-Betreiber EdF
bei weitem nicht ausreichen. Einzige Konsequenz müsse sein, so Large,
die AKW stillzulegen und die betroffenen Bauteile umgehend auszubauen.
Dies hätte jedoch zur Folge, dass mehr als die Hälfte aller
französischen Atomreaktoren auf unbestimmte Zeit keinen Strom
produzieren könnten. „Frankreich hat die Energiewende verschlafen, daher
klammert sich der Staat an einen Weiterbetrieb seiner Atomkraftwerke um
jeden Preis. Ein Preis, den die Menschen in benachbarten Ländern wie
Deutschland nicht mehr bezahlen wollen“, sagt Neubronner.
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