25. September 2016

Erbschaftssteuer: „Einseitige und intransparente Einflussnahme“ + LobbyControl: „Stiftung Familienunternehmen“ ist Lobbyorganisation der Superreichen


Berlin, 21.9.2016: Reiche und superreiche Unternehmer versuchen über die „Stiftung Familienunternehmen“ die anstehende Reform der Erbschaftssteuer in ihrem Sinne zu beeinflussen und großzügige Ausnahmeregelungen für Firmenerben durchzusetzen. Darauf weist LobbyControl im Vorfeld der heutigen Sitzung des Vermittlungsausschusses zum Thema hin. Die lobbykritische Organisation fordert die Große Koalition auf, nicht erneut einseitig diesem Lobbydruck nachzugeben und Transparenzregeln für Lobbyismus zu schaffen.

„Die Debatte um die Erbschaftssteuerreform hat gezeigt, wie sich Superreiche unter dem Label Stiftung Familienunternehmen mit ihren Forderungen viel Gehör in der Politik verschafft haben. Es wäre fatal, wenn die Politik wieder einseitig auf die Wünsche der Superreichen eingeht und so verfassungswidrige Regelungen entstehen. Die Große Koalition muss gut abwägen, wessen Interessen sie sich zu eigen macht“, kommentiert Christina Deckwirth von LobbyControl.

Die „Stiftung Familienunternehmen“ hatte sich in den letzten Monaten vehement für Ausnahmen von der Erbschaftssteuer eingesetzt. Erst kürzlich hatte Angela Merkel die Lobbyarbeit der Stiftung gelobt. Recherchen von LobbyControl deuten darauf hin, dass die Stiftung vor allem die Interessen von Reichen und Superreichen vertritt. Im 33-köpfigen Stiftungskuratorium sitzen überwiegend superreiche Einzelpersonen oder Vertreter von großen Unternehmensfamilien wie Haniel (Metro), Henkel, Theo Müller („Müllermilch“) und Kärcher. Außerdem weist die Stiftung lediglich rund 400 Förderer aus. Dies entspricht einer kleinen Gruppe von 0,014 Prozent aller geschätzten 2,8 Millionen Familienunternehmen in Deutschland. Auf Nachfrage von LobbyControl macht die Stiftung keine Angaben über ihre Finanzierung.

Christina Deckwirth: „Die vermeintliche Interessensvertretung der Familienunternehmen entpuppt sich bei genauem Hinsehen als Lobby der superreichen Unternehmenserben und Familiendynastien. Wenn Angela Merkel die Stiftung Familienunternehmen hofiert, sollte sie sich im Klaren sein, mit wem sie es zu tun hat. Es darf nicht sein, dass sich Lobbyorganisationen als wohltätige Stiftungen tarnen und keinerlei Rechenschaft über ihre Finanzierung ablegen müssen. Wir brauchen dringend ein verbindliches Lobbyregister, das mehr Transparenz für undurchsichtige Lobbyakteure schafft.“

Hintergrund

Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat verhandelt heute Abend erneut über die Reform der Erbschaftssteuer. Die Politik steht mit der Reform unter Druck. Sollte sie bis Ende September keine Einigung erreichen, könnte das Bundesverfassungsgericht einschreiten und Ausnahmen für Firmenerben streichen. Die Verfassungsrichter hatten wesentliche Teile der bislang gültigen Steuervergünstigungen für Firmenerben im Dezember 2014 gekippt.

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