17. April 2017

+++ Alleinherrschaft in der Türkei wird zementiert +++ Mehr Demokratie: Millionenfaches Nein unter Ausnahmezustand verdient Respekt +++


Mit dem Ausgang des Verfassungsreferendums am gestrigen Sonntag (16.4.) sind in der Türkei die Weichen für eine Alleinherrschaft des Präsidenten gestellt worden. Die 18 vom Parlament beschlossenen und mit knapper Mehrheit bestätigten Änderungsanträge beziehen sich auf 72 Artikel der türkischen Verfassung und haben einen massiven Zuwachs der präsidialen Macht zur Folge. Die seit dem Ausnahmezustand aus dem Gleichgewicht gekommene Gewaltenteilung werde nun zementiert. 

Das knappe Ergebnis werfe die Frage auf, ob die Volksabstimmung unter fairen Bedingungen anders ausgegangen wäre. Abzuwarten seien hier das offizielle Endergebnis und die Berichte der OECD-Wahlbeobachter. 

„Volksabstimmungen sind in der Regel bildungspolitische Großveranstaltungen, bei denen wichtige Themen breit und intensiv diskutiert werden. Unter den Bedingungen eines Ausnahmezustandes allerdings verlieren demokratische Instrumente schnell ihren ursprünglichen Sinn und Zweck“, so Ralf-Uwe Beck, Bundesvorstandsprecher des Vereins Mehr Demokratie. Mit der Schließung von Redaktionen und der Verhaftung von Oppositionellen habe die Regierung eine offene Diskussion unterbunden und stattdessen für ein Angstregime gesorgt. „Es verdient unseren Respekt, dass sich trotz des massiven Drucks von Seiten der türkischen Regierung fast die Hälfte der Abstimmenden entschlossen hat, mit Nein zu stimmen, und sich damit gegen die präsidialen Allmachtsfantasien gestellt hat. Solange die türkische Gesellschaft auf so viele kritischen Kräfte zählen kann, bleibt auch die Hoffnung bestehen, dass die Türkei zur Demokratie zurückkehrt.“

Das Referendum war notwendig geworden, weil der Antrag auf Verfassungsänderung die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit im türkischen Parlament knapp verfehlt hatte. Die türkische Verfassung sieht in einem solchen Fall zwingend eine Volksabstimmung vor. Es waren insgesamt rund 58 Millionen registrierte Wähler aufgefordert, über die Verfassungsänderung abzustimmen, darunter fast drei Millionen im Ausland lebende Türken, davon 1,4 Millionen in Deutschland.

Mehr Demokratie e.V. hatte gemeinsam mit der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD) zu einer offenen Diskussion aufgerufen, rechtsstaatliche Bedingungen für die Volksabstimmung angemahnt und für einen Fortbestand der Demokratie in der Türkei geworben. Mehr als 16.000 Menschen hatten den Aufruf unterzeichnet. Am 7. April hatte sich das Bündnis mit einer Aktion vor der türkischen Botschaft in Berlin gegen den drohenden Demokratieabbau in der Türkei gewandt. 

Weiterführende Informationen: https://www.mehr-demokratie.de/referendum_tuerkei.html
 

Mehr Demokratie e.V.

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