30. Juni 2017

Streit um Diesel-Fahrverbote in München – Deutsche Umwelthilfe beantragt Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen die Bayerische Staatsregierung


Ministerpräsident Horst Seehofer verweigert höchstrichterlich angeordnete Veröffentlichung eines Gutachtens zur Luftbelastung in München und begeht damit „vorsätzlichen Rechtsbruch“ – DUH wirft Regierungschef zudem Verstoß gegen seinen Amtseid vor, der ihn zu „Gehorsam gegenüber den Gesetzen“ verpflichtet

Berlin, 30.6.2017: Im Streit um die Luftqualität in München stellt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit heutigem Datum einen Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2000 Euro gegen den Freistaat Bayern. Auf Geheiß des bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer widersetzen sich die zuständigen Behörden einem im Februar 2017 ergangenen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (22 C 16.1427). Der Gerichtshof hatte auf Antrag der DUH angeordnet, dass die Bayerische Staatsregierung ein Gutachten zur aktuellen Luftbelastung in der Landeshauptstadt zu erstellen hat. Dieses Gutachten hätte spätestens am gestrigen 29. Juni 2017 veröffentlicht werden müssen. Durch die Teilveröffentlichung von Ergebnissen des Gutachtens durch den Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter in der vergangenen Woche ist bekannt, dass die Ergebnisse offensichtlich besonders erschreckende Erkenntnisse über die Belastung von ganz München mit dem gesundheitsschädlichen Dieselabgasgift Stickstoffdioxid enthalten. Reiter hatte sich Mitte Juni den Forderungen der DUH nach Dieselfahrverboten ab Anfang 2018 angeschlossen.

„Ministerpräsident Seehofer hat bei Amtsantritt einen Eid abgelegt, der ihn ausdrücklich zum ‚Gehorsam gegenüber den Gesetzen‘ verpflichtet. Offensichtlich hält er die Münchner Bürger für nicht mündig genug, mit den erschreckenden Ergebnissen der von seinem Landesamt gefertigten Luftbelastungsgutachten umgehen zu können. Bisher kannten wir die staatliche Missachtung höchstrichterlicher Urteile eher von Ländern wie Polen. Die mit den bayerischen Autoherstellern MAN, BMW und Audi besprochenen ‚Software-Veränderungen‘ sind gänzlich ungeeignet, etwas an der rechtswidrigen Situation der Luftbelastung in München und an deren massiven Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen zu ändern. Herr Seehofer wird mit dieser Mogelpackung die vom höchsten Bayerischen Verwaltungsgericht für unabdingbar gehaltenen Dieselfahrverbote nicht verhindern können. Im Gegensatz zum Münchner Oberbürgermeister, der den Kampf der DUH für saubere Luft unterstützt und sich für den Vorrang des Gesundheitsschutzes ausgesprochen hat, kämpft Horst Seehofer unverdrossen für schmutzige Diesel“, so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.   

Seit 2005 kämpft die DUH in München und vor bayerischen Gerichten für eine saubere Luft und dafür, dass die EU-weit geltenden Luftqualitätsgrenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid (NO2) eingehalten werden. Im Februar dieses Jahres hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einem seit sechs Jahren andauernden und von der DUH rechtskräftig gewonnenen Rechtsstreit abschließend verkündet, dass das für die Luftreinhaltung zuständige Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz Vorbereitungen für die Einführung von Fahrverboten zu treffen habe. Als erste konkrete Frist war die Veröffentlichung eines Gutachtens über die aktuelle Luftbelastung in der Landeshauptstadt auch abseits von Landshuter Allee und Stachus bis zum 29.6.2017 der Inhalt. Das Gutachten ist eine von drei konkreten Auflagen zur Vorbereitung eines Fahrverbotes, deren Umsetzung das Gericht mit Fristsetzung festgelegt hatte.

„Eine derartig offene Ignoranz gegenüber einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung ist erschreckend. Erst duldet die Regierung über Jahre klare Rechtsverstöße, jetzt ist ihr sogar eine Gerichtsentscheidung egal. Hier werden grundlegende Verfassungsprinzipien missachtet“, so Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Rechtsstreit vertritt. 

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