30. Mai 2017

China: Bundesregierung muss schlechte Menschenrechtssituation offensiv ansprechen


Gemeinsamer Appell von Amnesty International, der International Campaign for Tibet und Reporter ohne Grenzen vor dem Treffen mit Chinas Ministerpräsidenten Li

BERLIN, 30.05.2017 – Morgen trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel den chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang in Berlin. Amnesty International, die International Campaign for Tibet und Reporter ohne Grenzen appellieren an die Bundeskanzlerin, Ministerpräsident Li Keqiang auf die sich stetig verschlechternde Menschenrechtssituation in China anzusprechen und konkrete Schritte der chinesischen Regierung zu Verbesserungen einzufordern. Die Organisationen weisen insbesondere auf die systematisch verstärkte Repression und Kontrolle seit Amtsantritt von Staatspräsident Xi Jinping hin – sei es durch menschenrechtswidrige Gesetze, durch die Anwendung von Folter, Inhaftierung und Verfolgung von Andersdenkenden, Aktivisten und Journalisten oder durch verschärfte Repressionen in Tibet und Xinjiang.  

Menschenrechte müssen grundsätzlich ein zentraler Aspekt aller bilateralen Beziehungen sein, also auch im deutsch-chinesischen Verhältnis; sie dürfen nicht hinter handels- und wirtschaftspolitischen Fragen zurückstehen.

Die Volksrepublik China bekennt sich offiziell zu den Menschenrechten und hat sich mit der Unterzeichnung und der Ratifizierung völkerrechtlicher Verträge, wie zum Beispiel der UN-Antifolterkonvention, zu deren Einhaltung verpflichtet. Die drei Organisationen haben wiederholt dokumentiert, dass die chinesische Regierung ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommt, sondern für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich ist:

Menschenrechtsverteidiger und Anwälte: Wer sich in China für Menschenrechte einsetzt, ist massiv bedroht, selber Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu werden. Menschenrechtsverteidiger und Menschenrechtsanwälte müssen mit Drangsalierungen und willkürlicher Inhaftierung rechnen. Sie werden verhört, schikaniert oder zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die chinesischen Behörden haben im Juli 2015 eine Kampagne gestartet, in deren Verlauf mindestens 248 Anwälte oder deren Unterstützer festgenommen oder inhaftiert wurden.

Folter und Todesstrafe: Folter und andere Misshandlungen durch Behörden sind in China nach wie vor weit verbreitet. Unabhängige Untersuchungen von Foltervorwürfen gibt es nicht. Die für Folter verantwortlichen Personen können weiterhin davon ausgehen, nicht zur Rechenschaft gezogen zu werden. Auch wenn die Regierung den Anwendungsbereich der Todesstrafe eingeschränkt hat, werden in China Jahr für Jahr Tausende Menschen hingerichtet.  

Meinungs- und Pressefreiheit: Chinas Medien unterliegen einer strengen Zensur. Das Propagandaministerium verschickt täglich Direktiven, mit denen die Berichterstattung gesteuert wird. Über zahlreiche Themen, wie etwa die Selbstverbrennungen von Tibetern und das Massaker am Platz des Himmlischen Friedens vom 4. Juni 1989, darf überhaupt nicht berichtet werden. Momentan sitzen mindestens 21 Journalisten sowie 82 Online-Aktivisten und Bürgerjournalisten wegen ihrer Arbeit in Haft.

Tibeter und Uiguren: Die menschenrechtliche und politische Situation in Tibet und in Xinjiang steht unter dem Eindruck einer repressiven chinesischen Politik, die unter Staatspräsident Xi Jinping noch rigider gehandhabt wird. Religions-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind umfassend eingeschränkt und gegen Kritik an der Regierung wird mit aller Härte vorgegangen. Im Laufe des Jahres 2017 zündeten sich mindestens vier Tibeter aus Protest selbst an. Die Zahl der bekannt gewordenen Selbstverbrennungen seit Februar 2009 erhöhte sich damit auf 150.

Repressive Gesetzgebung: Seit 2015 hat die chinesische Regierung weitere Gesetze zur nationalen Sicherheit verabschiedet und damit weitere Möglichkeiten zur Einschränkung der Menschenrechte geschaffen. Hierzu zählen das Anti-Terror-Gesetz (2015), das Gesetz zur Nationalen Sicherheit (2015), das Gesetz zu ausländischen NGOs (2016) sowie das Gesetz zu Cybersicherheit (2016). Außerdem wurde im vergangenen Jahr ein Entwurf für neue Rechtsvorschriften zu Religionsangelegenheiten bekannt, der zu weiteren Einschränkungen bei der Religionsfreiheit führen würde.  

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