27. Juni 2016

Mexiko: Sexualisierte Folter wird routinemäßig gegen Frauen eingesetzt


Neuer Amnesty-Bericht dokumentiert anhand von detaillierten Einzelfällen, wie Polizei und Militär Frauen während ihrer Festnahme und Vernehmung foltern und vergewaltigen, um „Geständnisse“ zu erzwingen

BERLIN, 28.06.2016 – Amnesty International hat mit 100 Frauen in mexikanischen Bundesgefängnissen über die Umstände ihrer Festnahme und Vernehmung gesprochen. Der Bericht Surviving Death: Police and Military Torture in Mexico offenbart das schockierende Ausmaß an Gewalt durch Sicherheitskräfte, dem Frauen während dieser Zeit ausgesetzt sind.

Alle Frauen gaben an, während ihrer Festnahme oder Vernehmung sexualisierte Gewalt oder psychische Misshandlungen erfahren zu haben. 97 der Frauen sagten, sie seien körperlichen Misshandlungen ausgesetzt gewesen. 72 berichteten, sie seien während ihrer Verhaftung oder in den darauf folgenden Stunden sexuell missbraucht worden. 33 gaben an, sie seien vergewaltigt worden.

„Die meisten der betroffenen Frauen gehören marginalisierten Gruppen an. Oftmals verfügen sie nur über einen geringen Bildungsstand und ein geringes Einkommen, sind alleinerziehend, lesbisch oder als Sexarbeiterinnen tätig“, sagt Maja Liebing, Mexiko-Expertin von Amnesty International in Deutschland. „Diese Frauen werden von Behörden und Sicherheitskräften als einfache Ziele wahrgenommen und ihre erzwungenen ‚Geständnisse‘ benutzt, um die Statistiken zu verbessern und Erfolge gegen die organisierte Kriminalität vorzutäuschen.“

Obwohl 66 der befragten Frauen die Misshandlungen einem Richter oder den Behörden meldeten, wurden in nur 22 Fällen Ermittlungen gegen die Täter eingeleitet. Amnesty International sind keine Strafanzeigen bekannt, die aus diesen Ermittlungen hervorgegangen sind. „Indem der mexikanische Staat keine ordnungsgemäßen Untersuchungen einleitet und die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft zieht, verwehrt er den Frauen Gerechtigkeit und Wiedergutmachung. Er sendet außerdem ein gefährliches Signal: Vergewaltigungen und andere Formen sexualisierter Gewalt werden toleriert und die Täter geschützt“, stellt Liebing fest.

„Amnesty International fordert die mexikanische Regierung dazu auf, endlich effektive Schutzmechanismen gegen Folter umzusetzen“, so Liebing weiter. „Wer einer Straftat verdächtigt wird, muss sofort nach der Festnahme Zugang zu einem Anwalt erhalten. Foltervorwürfe müssen gemäß dem sogenannten Istanbul-Protokoll sofort von unabhängigen medizinischen Experten untersucht werden. Und nicht zuletzt muss die Regierung endlich härter gegen Folter vorgehen und die Täter zur Rechenschaft ziehen.“

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