23. November 2013

Religionsfreiheit oder Kindeswohl: Darf man kleine Jungs beschneiden? - mit Michael Schmidt-Salomon






Veröffentlicht am 23.08.2012
Die Diskussion um die Rechtmäßigkeit der Beschneidung kleiner Jungen reißt nicht ab. Wer verteidigt die Religion? Wer verteidigt die Kinder? Wie weit geht das Elternrecht? Wieviel Religion darf der moderne Staat erlauben? Müssen die Kinder vor ihren Eltern geschützt werden? Ist jede religiöse Tradition automatisch schützenswert? Steht die Religion über dem Gesetz? Die Politik hat sich entschieden und will Beschneidungen per Gesetz erlauben. Sind Beschneidungen Körperverletzung und gehören verboten oder steht die Religionsfreiheit über dem Kindeswohl?

Die Gäste:

- Ali Utlu, Mitglied der Piratenpartei und Ex-Muslim

Ali Utlu wurde mit sieben Jahren beschnitten. Utlu hat seiner Religion diesen "schmerzhaften Akt" nie verziehen. Er ist Beschneidungsgegner und sagt über das Urteil des Kölner Landgerichts: "Ich fand das Urteil klasse! Ich dachte: Endlich kommt das Thema in die Öffentlichkeit." Muslimisches Leben in Deutschland ist für ihn trotz des Urteils weiterhin möglich -- denn die Beschneidung sei Tradition, keine religiöse Pflicht.

- Serkan Tören, Bundestagsmitglied und integrationspolitischer Sprecher der FDP

Anders sieht das Serkan Tören. Der integrationspolitischer Sprecher der FDP ist selbst Muslim und sagt: "Ein Verbot der Beschneidung wäre das deutlichste Signal an die Muslime in unserem Land, dass sie kein Teil Deutschlands, ja nicht einmal willkommen sind." Deshalb setzt er sich in der FDP-Bundestagsfraktion für ein Gesetz ein, "das klarstellt, dass die weltweit etablierte Praxis der Beschneidung auch in Deutschland legal ist." Tören ist im Vorstand der Türkischen Gemeinde in Deutschland e.V. und Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft.

- Michael Schmidt-Salomon, Philosoph und Mitbegründer der Giordano-Bruno-Stiftung

"Vorhautbeschneidung ist keine Bagatelle", findet dagegen Philosoph Michael Schmidt-Salomon, sondern ist "verbunden mit der irreversiblen Amputation eines hochsensiblen und funktional nützlichen Körperteils." Er wirft dem Bundestag vor, mit den Gesetzesplänen Kinderrechte beschneiden zu wollen. "Mit Religionsfreiheit hat das alles gar nichts zu tun, sagt er dazu, "Es geht nur um die Frage, ob die elterliche Erziehungsgewalt höher einzuschätzen ist als das Selbstbestimmungsrecht und die körperliche Unversehrtheit des Kindes." Schmidt-Salomon (Foto: Jörg Salomon) ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er ist Mitgründer der Giordano-Bruno-Stiftung.

- Julian-Chaim Soussan, Rabbiner in Mainz

Rabbiner Julian-Chaim Soussan hält nichts davon, mit der Beschneidung bis zur Religionsmündigkeit der Jungen im Alter von 14 Jahren zu warten: „"Ein junger Mann, der nicht beschnitten ist, darf im Judentum wichtige Handlungen nicht durchführen." Die Wundheilung eines Säuglings sei viel höher. Soussan ließ seine zwei Söhne in der Synagoge beschneiden. Die Beschneidung habe auch medizinische Vorteile. Eltern sollten jedoch das Recht haben, ihre Kinder nur auf Grund ihrer Religiosität beschneiden zu lassen. Dass das Beschneidungsurteil ausgerechnet ein deutsches Gericht gefällt hat, findet Soussan "furchtbar".

http://pro-kinderrechte.de/

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...