Elektrizitätswerke Schönau (EWS) und über 30 Umwelt- und Verbraucherverbände lösen Beschwerdewelle bei EU-Kommission aus.
Schönau/Berlin, 24.04.2015:
Bereits über 75.000 Menschen haben sich einer offiziellen Beschwerde
der
EWS bei der EU-Kommission angeschlossen, um gegen die Genehmigung
massiver staatlicher Subventionen für den Neubau des britischen AKWs
Hinkley Point C zu protestieren. Die Massenbeschwerde wird von über 30
nationalen und internationalen Umweltverbänden und
Bürgerinitiativen unterstützt, darunter die Deutsche Umwelthilfe,
.ausgestrahlt und GLOBAL 2000.
„Gemeinsam
mit Zehntausenden Bürgerinnen und Bürgern wollen wir den politischen
Druck auf die EU-Kommission erhöhen und die angekündigten Klagen
Österreichs und Luxemburgs
vor dem Europäischen Gerichtshof flankieren“, so
Sebastian Sladek, Geschäftsführer der Elektrizitätswerke Schönau. „Nur
so können wir eine umweltfreundliche, nachhaltige und bürgernahe
Energieversorgung gegen die Interessen der großen Energiekonzerne und
Atomlobbyisten durchsetzen.“
Ausgelöst
wurden die Beschwerdewelle und die Klagen durch eine
Ausnahmegenehmigung der EU-Kommission im Oktober 2014, welche der
britischen Regierung wettbewerbswidrige Subventionen
für den AKW-Neubau in Hinkley Point gestattet: Bewilligt wurde eine
Garantievergütung von rund 11 Cent pro Kilowattstunde Atomstrom über
einen Zeitraum von 35 Jahren. Hinzu kommt ein jährlicher
Inflationsausgleich, eine Bürgschaft über 21,6 Milliarden Euro
für die Baukosten sowie Kompensationszahlungen für den Fall einer
energiepolitischen Richtungsänderung. Nach Berechnungen der Financial
Times wächst die zugesicherte Leistung bis zum Ende des Förderzeitraums
auf 35 Cent je Kilowattstunde.
„Die
immensen und offensichtlich notwendigen Subventionen für den
Reaktorneubau in Hinkley Point zeigen eindeutig, dass der Neubau von
Atomkraftwerken vollkommen unwirtschaftlich
ist“, so
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen
Umwelthilfe e.V. (DUH), die sich neben 31 anderen Organisationen der
Beschwerde angeschlossen hat.
„Gemeinsam mit anderen europäischen Umweltverbänden wollen wir mit
der Beschwerdewelle ein klares Signal gegen den Ausbau der Atomenergie
und für eine nachhaltige und kooperative Energiepolitik in Europa
setzen.“
Das
Strategiepapier zur Energie-Union, welches die EU-Kommission Mitte
Februar vorstellte, weist jedoch einen ganz anderen Weg: Kommissionsvize
Šefčovič kündigte an, er werde
noch dieses Jahr einen „illustrativen Ausbauplan" für AKWs in Europa
vorlegen. Zudem wurde durch die Presse bekannt, dass von dem geplanten
300 Milliarden Euro schweren Wachstumspaket der EU voraussichtlich 80
bis 100 Milliarden Euro in den Neubau und die
Nachrüstung von Atomreaktoren fließen sollen.
„Schon
seit Längerem beobachten wir, dass die Nuklearindustrie auf
europäischer Ebene massiv für eine Renaissance der Atomenergie wirbt“,
so Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt, die ebenfalls die Beschwerde unterstützt.
„Dem AKW-Neubau in Hinkley Point kommt dabei eine Schlüsselrolle für
weitere Atomprojekte in Europa zu. Sollte die Bewilligung der
Subventionen für Hinkley Point C aufrechterhalten werden, kommt dies
einem Dammbruch für weitere Atomprojekte in Europa gleich.
Wir fordern deshalb von der Bundesregierung, dass sie sich in Brüssel
konsequent gegen die Bewilligung einsetzt.“
Selbst
innerhalb der EU-Kommission ist die Bewilligung hoch umstritten.
Während die Kommission üblicherweise einstimmig entscheidet, wurde die
Entscheidung über Hinkley Point
mit nur 16 von 28 Stimmen gebilligt. Zugestimmt hat auch der deutsche
EU-Kommissar Günther Oettinger. Die Klagefrist gegen die Entscheidung
beginnt mit der Veröffentlichung der Begründung der EU-Kommission in
allen Amtssprachen. Diese wird für Ende April erwartet.
Danach beginnt eine zweimonatige Klagefrist. Die österreichische und
die luxemburgische Regierung haben bereits eine Klage vor dem
Europäischen Gerichtshof (EuGH) angekündigt. Ebenso beabsichtigen
mehrere Energieversorger wegen Wettbewerbsverzerrung vor dem
Gericht der Europäischen Union (EuG) zu klagen. Die österreichische
Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 hat zudem eine Beschwerde beim
Compliance-Komitee der Aarhus-Konventionen der Vereinten Nationen
eingebracht.
„Die Republik Österreich wird gegen die Kommissions-Entscheidung klagen, Luxemburg wird sich als Streithelfer anschließen“,
so Reinhard Uhrig, Atom-Sprecher der österreichischen Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000.
„Wir begrüßen und unterstützen diese Nichtigkeitsklage, die
juristisch den Bescheid stoppen wird. Durch den Einspruch von
Zehntausenden EU-Bürgerinnen und -Bürgern wird Hinkley Point C auch
politisch nicht durchsetzbar sein."
Auf
der Kampagnenseite „Kein Geld für Atom – Stoppt Brüssel!“ können
Interessierte schnell und einfach eine eigene Beschwerde an die
EU-Kommission richten: Über 68.000 Menschen
haben bislang davon Gebrauch gemacht. Hinzu kommen noch rund 7.000
Beschwerden, die postalisch bei den EWS eingegangen sind.
Sebastian Sladek ist der festen Überzeugung:
„Die Entscheidung der EU-Kommission öffnet dem Bau neuer
Atomkraftwerke in Europa Tür und Tor. Daher möchten wir alle Bürgerinnen
und Bürger dazu auffordern, sich unserer Beschwerde bei der
EU-Kommission anzuschließen. Während die Bundesregierung zögert,
wollen wir mit den Bürgerinnen und Bürgern ein klares Zeichen setzen,
um den Einstieg in ein neues nukleares Zeitalter in Europa zu
verhindern.“
Die
Übergabe der Beschwerdebriefe soll im zeitlichen Umfeld der
Klageeinreichung der österreichischen Regierung erfolgen. Bis dahin
erwartet das Bündnis mehr als 100.000 Beschwerden,
die im Rahmen einer öffentlichkeitswirksamen Aktion an die
EU-Kommission übergeben werden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen