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26. April 2015
Energieversorger versagen - „Better Coal“ bleibt leeres Versprechen
• Gäste aus Importkohleländern beklagen vor RWE-Hauptversammlung schwerwiegende gesundheitliche, ökologische und soziale Probleme durch Kohleabbau
• Konzerninitiative „Better Coal“ bringt keine Verbesserung
Essen, 22.4.15 Zur Hauptversammlung des Energiekonzerns RWE am 23. April 2015 sind Gäste aus den Hauptlieferländern der von RWE importierten Kohle angereist. Sie kämpfen in Kolumbien, den USA und Russland mit den schwerwiegenden Umwelt- und Gesundheitsproblemen, die der Kohleabbau verursacht.
Michael Hendryx aus den USA forscht als Public-Health-Professor seit Jahren zu den Gesundheitsauswirkungen des Kohleabbaus mit der Methode Mountaintop Removal. Dafür werden ganze Bergspitzen weggesprengt, um an die darunter liegende Kohle zu gelangen. Der mit Chemikalien verseuchte Abraum wird in den Tälern abgelagert. Dieses Verfahren verunreinigt nicht nur Wasser und Luft, es hat auch schwere Konsequenzen für die Gesundheit der lokalen Bevölkerung: „Wir haben unter anderem Luftproben in der Nachbarschaft der Minen genommen und festgestellt, dass die Belastung mit Feinstpartikeln, die tief ins Lungengewebe eindringen können, signifikant höher ist als in anderen Gegenden. Dadurch haben die Menschen dort ein höheres Risiko für verschiedenste Gesundheitsprobleme. Die Lungenkrebsraten liegen höher. Es sterben mehr Menschen an Herz-, Lungen- und Nierenkrankheiten und mehr Babys kommen mit Geburtsdefekten zur Welt“, erklärt Hendryx. Er fordert deshalb von RWE, keine Kohle mehr von Firmen zu kaufen, die die Methode Mountaintop Removal anwenden. Die Industrie-Initiative „Better Coal“, die RWE vor drei Jahren zusammen mit weiteren Energiekonzernen wie Vattenfall und Eon gegründet hat, ändert nichts an der Lage: Die Unternehmen beziehen weiter Kohle von der US-Ostküste, der einzigen Region in den USA, wo Mountaintop Removal erlaubt ist und angewandt wird. Keiner der deutschen Konzerne hat gegenüber urgewald bisher den Bezug solcher Kohle verneint.
Aus Russland kommt Dmitry Berezhkov nach Essen. Er war zehn Jahre lang Vizepräsident von RAIPON (Russian Association of Indigenous Peoples of the North) und kennt die Auswirkungen des Kohleabbaus im westsibirischen Kemerowo auf die dort lebenden indigenen Schoren. Kemerowo ist eine bedeutende russische Kohleabbauregion, die Kohle wird dort mehrheitlich im Tagebau gefördert. Das Siedlungsgebiet der Schoren ist laut staatlicher Statistik einer der drei am meisten verschmutzten Orte Russlands. „Die Firma Yuzhnaya gehört zum Sibuglemet-Konzern, von dem RWE Kohle kauft. Yuzhnaya hat für den Kohleabbau einen den Schoren heiligen Berg zerstört und den Fluss Mras-su in eine Kloake verwandelt. Für Menschen, die von Fischfang und Jagd leben, ist das eine Katastrophe“, berichtet Berezhkov. Einige Familien mussten ihre Grundstücke zu Schleuderpreisen an das Unternehmen verkaufen. Wer sich weigerte, dem wurde mit der Niederbrennung seines Hauses gedroht. Im November 2013 fingen die ersten Häuser Feuer.
Gloria Holguín aus Kolumbien beschäftigt sich mit den Auswirkungen des dortigen Kohleabbaus auf Menschen und Umwelt. In der Kohleabbauregion Cesar liegt die Gemeinde El Hatillo. Die Luftverschmutzung dort ist so stark, dass das Umweltministerium die Umsiedlung der Gemeinde angeordnet hat. Durchführen sollen diese die dort tätigen Kohleunternehmen, u.a. der US-Konzern Drummond und Prodeco, eine Tochter des Schweizer Konzerns Glencore. „Obwohl die Umsiedlung bereits 2010 angeordnet wurde, ist seitdem nichts Ernsthaftes passiert. Die Dorfgemeinschaft musste hingegen vor zwei Jahren wegen akutem Nahrungsmittelmangel den sozialen Notstand erklären, denn durch den Kohleabbau bleibt kaum noch Land übrig, auf dem Nahrungsmittel angebaut werden könnten“, so Holguín.
Diana Fonseca kommt aus der Gemeinde El Hatillo. Sie beschreibt die Lage vor Ort: „Der Bergbau hat unser Leben grundlegend verändert. Früher hatten wir saubere Luft, Land um anzubauen, einen Fluss mit sauberem Wasser. Wir konnten fischen und in den umliegenden Wäldern jagen. Heute ist der Fluss fast ausgetrocknet, es gibt keine Fische mehr. Unsere Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt, überall stehen Schilder mit der Aufschrift ‚Privatbesitz‘.“
„Seit zwei Jahren konfrontieren wir RWE mit den Problemen der Importkohle. Die einzige Antwort des Unternehmens ist der Verweis auf ihre ‚Better Coal’-Initiative“, sagt Katrin Ganswindt, Kohle-Campaignerin der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald. Vor Ort jedoch bleiben die Probleme die gleichen. „Die Menschen in El Hatillo warten weiter auf ihre Umsiedlung und das Dorf Kazas wurde zerstört. ‚Better Coal’ dient lediglich den Konzernen, sie nutzen die Initiative als Feigenblatt und zur Imageverbesserung.“ Die Gäste, die wir zwei Jahre nach unserer ‚Bitter Coal’ Studie eingeladen haben, stellen diesem Greenwashing die nach wie vor bittere Realität gegenüber.“
Weitere Informationen:
Hintergrundinformationen & Studie „Bitter Coal“: https://www.urgewald.org/artikel/bitter-coal
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