Wir
trauern um Günter Grass. Er hat das kulturelle, intellektuelle und politische
Leben in Deutschland tief geprägt. Dass Deutschland kulturell den Muff der
fünfziger Jahre abstreifen konnte, ist auch ihm zu verdanken. Sein Werk – von
der „Blechtrommel“ bis „Beim Häuten der Zwiebel“ – umspannt die Zeitepoche des
gesamten Nachkriegsdeutschlands. Seine Dichtung wie seine bewussten
öffentlichen Äußerungen haben Debatten initiiert und geprägt und damit dazu
beigetragen, dass Deutschland zu einem liberalen, weltoffenen Land wurde. Seine
Fragen nach der deutschen Schuld und nach den Konsequenzen aus dem
Menschheitsverbrechen des Holocaust waren wie Finger, die in offene Wunden
gelegt wurden.
Günter
Grass war der Inbegriff des öffentlichen Intellektuellen. Ein Dichter, der sich
einmischt und unbequem sein muss. Literatur war für ihn kein l'art
pour
l'art,
sondern Medium der Verständigung der Gesellschaft über sich selbst. Dass Grass
gelegentlich danebenlag – etwa bei seiner Israelkritik oder seinen Äußerungen
zur SED-Diktatur - muss man aushalten. Dafür hat der Dichter selbst in Ecken
geschaut, in die viele seiner politischen Freunde nicht hineinsehen wollten,
etwa wenn er das Thema Vertreibungen aufgriff. Schließlich hat er sich, wenn
auch spät, seiner eigenen Verstrickung in den Nationalsozialismus gestellt.
Seinem
Wirken und seinem Werk gilt unser Respekt. Der unruhige Geist des Günter Grass
wird uns fehlen.
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