12. April 2015

FUKUSHIMA-NEWSLETTER VOM 11.04.2015



Sehr geehrte Damen und Herren,

während sich die Atomkatastrophe von Fukushima zum vierten Mal jährt,
werden die gesundheitlichen, ökologischen und humanitären Folgen von den
japanischen Behörden so gut es geht verdrängt. Selbst auf einer
internationalen Katastrophenschutzkonferenz im nahe gelegenen Sendai waren
die Kernschmelzen von Fukushima der japanischen Regierung keiner
Erwähnung wert. Derweil zeigen sich in Fukushima Probleme bei der
Erfassung des Gesundheitszustands der Aufräumarbeiter, von denen viele
offenbar unbekannt verzogen sind. Viele der 2011 Evakuierten leben noch
immer größtenteils in Behelfsunterkünften. Unterdessen versucht die
japanische Atomindustrie, Geschäfte mit dem AKW-Rückbau zu machen. Vier
Jahre nach Beginn der Atomkatastrophe versuchen wir weiterhin, Sie über
die aktuellen Geschehnisse in Japan auf dem Laufenden zu halten und freuen
uns immer über ihre Rückmeldungen, Fragen und Vorschläge.

Mit freundlichen Grüßen

Henrik Paulitz und Alex Rosen

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FOLGEN VON FUKUSHIMA AUF KATASTROPHENSCHUTZKONFERENZ IGNORIERT
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4 Jahre nach Beginn der Atomkatastrophe von Fukushima fand in der
japanischen Stadt Sendai im März 2015 ein internationaler UN-Kongress zum
Katastrophenschutz statt. Die "3. World Conference on Disaster Risk
Reduction" hätte eine gute Gelegenheit sein können, gemeinsam mit
ExpertInnen und PolitikerInnen aus aller Welt die Atomkatastrophe von
Fukushima zu analysieren und aus den unzureichenden
Sicherheitsbestimmungen, den fehlenden Notfallplänen, der katastrophalen
Öffentlichkeitsarbeit und den chaotischen Evakuierungen Schlüsse für
die Zukunft zu ziehen. Stattdessen wurden die Kernschmelzen von Fukushima
aus dem Konferenzprogramm ausgeklammert, die immer noch andauernde
humanitäre, medizinische und ökologische Katastrophe von den
Organisatoren tot geschwiegen. Weder der Eröffnungsrede des
Ministerpräsidenten Shinzo Abe noch den Plenarveranstaltungen oder
Arbeitsgruppen konnte man entnehmen, dass weniger als 100 km vom
Tagungsort entfernt eine der beiden größten Atomkatastrophen der
Menschheitsgeschichte stattgefunden hatte, die unter anderem mit der
größten je gemessenen radioaktiven Kontamination der Weltmeere
einherging, mehr als 200.000 Menschen aus ihrer Heimat vertrieb und große
Flächen auf unabsehbare Zeit unbewohnbar machte. Lediglich die von der
Schweizer IPPNW organisierten Side-Events machten in Sendai darauf
aufmerksam, welches Leid die Atomkatastrophe von Fukushima verursacht hat
und immer noch tut und wie wichtig es für die Delegierten der Konferenz
wäre, sich mit den Folgen und den Lehren dieses Ereignisses zu befassen.
Weitere Informationen zu den Side-Events in Sendai (Link:
http://www.nuclear-heritage.net/index.php/PR:Fukushima%27s_Message_to_the_World_-_4_Years_Since_the_Nuclear_Accident
)


IMAGES:
http://news.ippnw.de/uploads/pics/strahlung_fukushima_city.jpg

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PROBLEME BEI GESUNDHEITS-CHECKS DER FUKUSHIMA ARBEITER
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Die weitaus höchsten Strahlendosen dürften nach der Atomkatastrophe von
Fukushima die Arbeiter auf dem Kraftwerksgeländer erhalten haben. Die
überwiegende Mehrheit von ihnen sind allerdings nicht Angestellte von
TEPCO, sondern Hilfsarbeiter, die unter weitaus schlechteren
Arbeitsbedingungen von Subunternehmen angeheuert wurden. Viele der
Arbeiter wurden nie vernünftig registriert, ihre Strahlendosen nicht
adäquat dokumentiert und ihre gesundheitliche Entwicklung nicht verfolgt.
Oft sind sie ungelernte Tagelöhner, die kurzfristig für einzelne
Arbeiten eingesetzt werden und deren Spur sich anschließend verliert.
Auch die japanische Mafia, die Yakuza, verdient japanischen
Medienberichten zu Folge an den lukrativen Aufträgen der
TEPCO-Subunternehmen in den Aufräumarbeiten in Fukushima, der
Aufbereitung des kontaminierten Kühlwassers oder den gigantischen Bau-
und Konstruktionsvorhaben rund um die Katastrophenstelle. mehr
(Link:
http://www.fukushima-disaster.de/deutsche-information/super-gau/artikel/8c2ad6cfb8f78853ae03dd40ca40d3af/fukushima-arbeiter-verweigern-gesund.html
)
Only 35% of Fukushima nuclear plant workers agree to 1st round of health
checks (Link:
http://ajw.asahi.com/article/0311disaster/fukushima/AJ201503150018 ) (The
Asahi Shimbun AJW, 15. März 2015)Problems remain in management of
decontamination workers' radiation exposure (Link:
http://mainichi.jp/english/english/newsselect/news/20150312p2a00m0na006000c.html
) (Mainichi Japan, 12. März 2015)Volunteers risk radiation exposure to
decontaminate Fukushima zone (Link:
http://mainichi.jp/english/english/newsselect/news/20150312p2a00m0na011000c.html
) (Mainichi Japan, 12. März 2015)


IMAGES:
http://news.ippnw.de/uploads/pics/fukushima_workers_01.jpg

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GESCHÄFTE MIT AKW-RÜCKBAU
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Ähnlich wie in Deutschland sieht auch in Japan die Atomwirtschaft durch
das Abschalten von Atomkraftwerken ihr lukratives Geschäftsmodell
gefährdet. Anders als in Deutschland jedoch, wo der Atomausstieg in einem
breiten gesellschaftlichen Konsens beschlossen wurde, genießt die
japanische Atomwirtschaft trotz zahlreicher Korruptionsskandale, einer
langen Reihe relevanter Unfälle bis hin zur Atomkatastrophe von Fukushima
und einer mittlerweile größtenteils atomkritischen Öffentlichkeit
weiterhin massive Unterstützung von Seiten der Politik. Obwohl einige
Atomkraftwerke permanent abgeschaltet werden sollen (u.a. die Reaktoren in
Fukushima, zwei Reaktoren des AKW Mihama, ein Reaktor des AKW Genkai, ein
Reaktor des AKW Shimane und ein Reaktor des AKW Tsuruga), plant die
Regierung offenbar, den Großteil der Reaktoren wieder in Betrieb zu
nehmen. mehr (Link:
http://www.fukushima-disaster.de/deutsche-information/super-gau/artikel/ffebd0535fbe61b0d337aa9d1125fa04/geschaefte-mit-akw-rueckbau.html
)
5 old nuclear reactors headed for decommissioning scrap heap
(Link:
http://ajw.asahi.com/article/0311disaster/fukushima/AJ201501110012 ),
Asahi Shimbun: 20715/01/11


IMAGES:
http://news.ippnw.de/uploads/pics/Tokai1_und_2.jpg

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MEHR ALS 220.000 EVAKUIERTE NOCH IMMER IN TEMPORÄREN UNTERKÜNFTEN
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Viele der Menschen, die auf Grund der dreifachen Katastrophe vom März 2011
ihre Heimat verlassen mussten, haben nach wie vor mit den Folgen der
Evakuierung zu kämpfen. Vor allem auf Grund der radioaktiven
Kontamination ihrer Heimat können sie nicht zurückkehren. Vier Jahre
nach den Kernschmelzen in Fukushima Dai-ichi leben immer noch mehr als
220.000 Menschen in Behelfsunterkünften. Nach Angaben der japanischen
Agentur für Wiederaufbau ist die Zahl seit vergangenem März um lediglich
35.000 gesunken. Viele seien aber noch immer im ganzen Land in
Notunterkünften oder bei Verwandten untergebracht. Es wurden mehr als
53.000 Wohneinheiten für die Vertriebenen errichtet. 99% der oft
trostlosen Räume, in denen die Flüchtlinge zusammengepfercht leben,
werden noch immer benötigt. Die gesundheitlichen und psychosozialen
Folgen dieser langen Verweildauer in unwürdigen Lebensbedingungen sind
nicht absehbar und wären durch eine intensivere finanzielle und
logistische Unterstützung der betroffenen Menschen durch die Verursacher
der Katastrophe und durch die zuständigen Behörden linderbar. Es ist
mutzumaßen, dass den Menschen jedoch weiterhin die Option offen gehalten
werden soll, irgendwann in ihre radioaktiv kontaminierte Heimat zurück zu
kehren. Im Interesse der Menschen ist diese Hinhaltetechnik der
atomfreundlichen Regierung in Japan jedoch nicht. Die Menschen benötigen
ehrliche Antworten auf ihre drängenden Fragen, konkrete Unterstützung
und die Freiheit, ihr Leben jenseits der Atomkatastrophe fortzuführen.
(Quelle: NHK World: 229,000 Still in Temporary Housing; Mar. 10, 2015)



IMAGES:
http://news.ippnw.de/uploads/pics/temporary_accomodation.jpg

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WOHIN MIT KONTAMINIERTER ERDE? 
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Der radioaktive Niederschlag von Fukushima hat große Flächen des Landes
kontaminiert. Im Zuge der Dekontaminationsbemühungen wurden Unmengen von
oberflächlicher Erde abgetragen und in gigantischen Deponien gesammelt.
Die Frage, was mit diesen radioaktiven Abfällen geschehen soll,
beschäftigt Politik und Atomwirtschaft seit nunmehr fast vier Jahren.
Eine adäquate Antwort ist bislang noch nicht gefunden. Währenddessen
stellt dieser Strahlenmüll, der am Wegrand, in Vorgärten oder sogar
neben Schulen und Spielplätzen gelagert wird, ein relevantes
Sicherheitsrisiko und ein großes Problem für die Zukunft der Region dar.
Am 13. März 2015 wurden nun erstmalig 12 Kubikmeter verseuchtes Erdreich
in ein geplantes Zwischenlager nahe der evakuierten Städte Okuma und
Futaba gefahren, wo er 30 Jahre lang abklingen soll. mehr
(Link:
http://www.fukushima-disaster.de/deutsche-information/super-gau/artikel/e32da91d70edfe77ba236fd0df585f06/-9fe3854f07.html
)
Fukushima residents find it hard to come to terms with interim storage for
tainted soil (Link:
http://mainichi.jp/english/english/newsselect/news/20150314p2a00m0na010000c.html
) (Mainichi)


IMAGES:
http://news.ippnw.de/uploads/pics/atommuell_20_km_zone_01.jpg

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