• Neue Kohle-Regeln: Mehr Klimaschutz möglich und nötig
• Staudamm-Desaster in Kolumbien Beleg für mangelnde ESG-Prüfungen
• Zuvor scharf kritisiertes Projekt verursacht „größten Einzelschaden“
München, 29.4.2019
Auf der morgigen Hauptversammlung des Rückversicherers Munich Re
konfrontieren Vertreter*innen der NGOs urgewald, Dachverband der
Kritischen Aktionär*innen und Ökumenisches Büro für Frieden und
Gerechtigkeit das Management mit den Folgen seiner Geschäfte.
Trotz
massiver Kritik von Umwelt- und Menschenrechtsgruppen hatte der Konzern
einen Teil der Rückversicherung für den Staudamm Hidroituango im Norden
Kolumbiens übernommen – nach Fertigstellung soll er der größte Staudamm
des Landes sein. Ende April 2018 wurde durch einen Erdrutsch einer der
Entlastungstunnel an der Staumauer verstopft und am Folgetag durch den
Druck des sich aufstauenden Wassers wieder frei gespült. Eine riesige,
unkontrollierte Flutwelle entstand. Sie riss eine Brücke sowie die
Hütten der Goldwäscher*innen an beiden Ufern mit sich und zerstörte das
Dorf Puerto Valdivia. Munich Re verbucht den Fall im Geschäftsbericht
als „größte(n) Einzelschaden“ und muss laut eigenen Angaben „eine
dreistellige Millionensumme“ bezahlen.
„Es gibt bis heute Menschen, die notdürftig in Hallen untergebracht
sind und keine Entschädigungen erhalten haben. Neue Bauten für die
Betroffenen haben teilweise Mängel oder wurden nicht fertiggestellt“,
kritisiert Alejandro Pacheco vom Ökumenischen Büro für Frieden und
Gerechtigkeit in München. „Als Konzern, der sich den
Global-Compact-Prinzipien der Vereinten Nationen angeschlossen hat,
sollte sich Munich Re für zügige Entschädigungen einsetzen. In Zukunft
sollte der Konzern keine Großstaudämme mehr rückversichern.“
Christian
Russau vom Dachverband Kritischer Aktionär*innen ergänzt: „Munich Re
hätte es einmal wieder besser wissen können. Wir haben zusammen mit
kolumbianischen Aktivisten seit Jahren vor den Folgen des Projekts
Hidroituango gewarnt. Der Konzern sollte den Großschaden zum Anlass
nehmen, um sein ESG-Management deutlich zu schärfen.“
Auch
beim Klimaschutz könnte Munich Re im Vergleich mit Konkurrent Swiss Re
aus der Schweiz noch viel mehr tun als heute. Anfang August 2018
kündigte Konzernchef Joachim Wenning nach einer Kampagne von urgewald,
Unfriend Coal und Avaaz an keine neuen Kohlekraftwerke und –minen mehr
in Industrieländern zu versichern.
„Wir
haben uns gefreut, dass der Konzern den Klimaschutz ins Kerngeschäft
geholt hat. Leider bleiben Schlupflöcher“, kritisiert Regine Richter,
Energie-Campaignerin bei urgewald. Der Konzern schließe lediglich die
Absicherung von Einzelprojekten wie Kohlekraftwerken oder –minen aus.
Fossile Unternehmen können nach wie vor ganze Pakete von
Erstversicherungen rückversichern lassen – auch wenn sich darin
beispielsweise Kohlekraftwerke oder Erdölprojekte befinden. „Uns läuft
beim Klimaschutz die Zeit davon. Munich Re könnte sehr helfen, indem sie
hier konsequenter wird und ihre Richtlinie ausweitet“, so Richter.
Weitere Informationen:
Übersicht zu Klimaschutzrichtlinien großer Versicherer (Stand: Dez. 2018)
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