• Positiv: Mehr Unternehmen als bisher fallen beim Investment raus
• Zu wenig: Ausschluss neuer Kohleversicherungen v.a. für Industrieländer
• Vor allem Konkurrent Hannover Re steht nun unter Handlungsdruck
München, 06.08.2018
Die Unfriend Coal Kampagne, urgewald und die Kampagnenorganisation
Avaaz begrüßen die aktuelle Ankündigung des Munich Re-Chefs Joachim
Wenning zum künftigen Umgang seines Konzerns mit Kohle in einem
Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Demnach verpflichtet
sich der zweitgrößte Rückversicherer der Welt keine neuen
Kohlekraftwerke und –minen mehr in Industrieländern zu versichern.
Außerdem werde Munich Re nicht mehr in Aktien und Anleihen von
Kohlefirmen investieren, die mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes im
Kohlebereich machen.
Die
Ankündigung folgt auf monatelange Kritik von Klimaschutzgruppen und auf
teils deutlich schärfere Kohle-Einschnitte anderer
Versicherungskonzerne in den vergangenen Monaten, darunter Allianz sowie
die Rückversicherer Swiss Re und SCOR. Nachdem Konzernchef Wenning noch
zuletzt öffentlich seine Position unterstrichen hatte, sein Konzern
wolle weiter an der Seite der Kohle stehen, zeigt er nun Einsicht. Dies wird den Druck auf die gesamte Branche weiter erhöhen, klimaschädliche Kohlegeschäfte zügig zu beenden
- insbesondere die Konkurrentin Hannover Re, drittgrößter
Rückversicherer weltweit, der bisher nur minimale Kohle-Ausschlussregeln
verkündet hat. [1]
Regine
Richter, Energie-Campaignerin bei der deutschen Umweltorganisation
urgewald, sagt: „Jahrelang hat Munich Re versucht sich hinter eigenen
Klimastudien zu verstecken und echte Taten für den Klimaschutz
verweigert. Auch wenn es für die heutige Ankündigung erst massiven
öffentlichen Druck brauchte, wir freuen uns, dass Konzernchef Joachim
Wenning nun endlich umsteuern möchte. Kohle-Neubauprojekte wie Ostrołęka
C in Polen und andere Kohlekraftwerke und –minen in Europa können damit
nicht mehr (rück-)versichert werden. Gleichzeitig wissen wir, diese
Ankündigung wird nicht ausreichen, um den Konzern an die Pariser
Klimaschutzziele anzupassen.“
Im
Vergleich zu den neuen Kohlerichtlinien von Wettbewerbern zeigen sich
die Schwächen bei der Ankündigung von Munich Re: Im Mai verkündete die
Allianz, sie wolle ab sofort keinerlei Versicherungen mehr für neue
Kohlekraftwerke und –minen mehr anbieten und einen absoluten Stopp von
Kohlegeschäften bis 2040 anstreben. Auch schließt die Allianz im
Gegensatz zu Munich Re Kohlefirmen, darunter große Kraftwerksentwickler,
konsequenter von Investitionen aus. [2] Der weltweit größte
Rückversicherer Swiss Re kündigte Anfang Juli an, keine Versicherungen
und Rückversicherungen mehr für Unternehmen anzubieten, die mehr als 30
Prozent ihres Geschäfts mit Kraftwerkskohle machen. [3] Dies schließt
Firmen unabhängig davon aus, wo sie operieren, während die Munich Re
Ausnahmen für Schwellenländer zulässt.
Lucie
Pinson, europäische Koordinatorin der Kampagne Unfriend Coal, sagt: „In
Entwicklungs- und Schwellenländern sind derzeit unzählige neue
Kohlekraftwerke in Planung, von denen jedes ein Sargnagel für die
Pariser Klimaziele ist. Als einer der wichtigsten Versicherer der Welt,
insbesondere in Asien, muss Munich Re nun schnell Klarheit darüber
schaffen, wie die angekündigten Kriterien für Ausnahmefälle vom
Kohleausschluss aussehen werden. Die Klimawissenschaft und der
Preisverfall bei Erneuerbaren Energien machen deutlich, dass Kohle ein
unsinniges Geschäft ist. Die Munich Re sollte daher anderen Versicherern
wie der Allianz folgen, die die Unterstützung für Kohle konsequenter
ausgeschlossen haben.“
Die
Unterstützung der Munich Re für Kohle stand in den vergangenen Monaten
unter zunehmender Kritik. Die Tochtergesellschaft Ergo Hestia hat seit
2013 insgesamt 18 Kohleprojekte in Polen versichert, wie Recherchen der
polnischen NGO Development YES - Open-Pit Mines NO für die Unfriend Coal
Kampagne ergeben haben. Dazu gehört das größte im Bau befindliche
Kohlekraftwerk der EU in Opole, das 2019 in Betrieb gehen soll.
Mehr
als 850.000 Menschen haben zudem eine Petition der
Kampagnenorganisation Avaaz unterzeichnet, die Konzernchef Joachim
Wenning auffordert, Kohle-Geschäfte zu beenden.
Insgesamt
haben mit Munich Re, Allianz, AXA, SCOR, Swiss Re und Zurich inzwischen
sechs große internationale Versicherer auch die Versicherung von
Kohleprojekten mehr oder weniger stark eingeschränkt. Gemessen am Anteil
der gebuchten Prämien hat fast die Hälfte des weltweiten
Rückversicherungsmarktes eine Einschränkung von Kohle-Investitionen
verkündet.
Die
Unfriend Coal-Kampagne ist eine Initiative internationaler
zivilgesellschaftlicher Organisationen, um die Versicherer für ihr
Handeln und ihre Untätigkeit beim Klimawandel zur Rechenschaft zu
ziehen. Sie fordern alle Versicherer auf, die Versicherung aller neuen
und bestehenden Kohlekraftwerke, -minen und verbundener
Infrastrukturprojekte einzustellen.
Außerdem
fordern sie die Versicherer auf, ihre Kohle-Versicherungsgeschäfte und
-Investitionen auf Basis der Global Coal Exit List von urgewald zu
reduzieren. Die Versicherer sollten demnach die Versicherung von
Unternehmen beenden und ihr eigenes und das für Dritte verwaltete
Vermögen von allen Unternehmen veräußern, die:
1. Investitionen in neue Kohlekraftwerke, -bergwerke und die -infrastruktur planen;
2. mehr als 30 % ihres Stroms mit Kohle erzeugen oder über mehr als 10 GW installierte Kohlekraftwerksleistung verfügen;
3. mehr als 30 % ihres Umsatzes mit Kohle erzielen oder mehr als 20 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr produzieren.
Weitere Informationen:
Artikel in der FAZ zur Ankündigung der Munich Re: www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/klimawandel-sorge-munich-re-steigt-aus-der-kohle-aus-15724159.html
Updates zu den jüngsten Kohle-Ausschlüssen weltweiter Versicherer: www.unfriendcoal.com/updates/
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