Zu den Plänen der Großen Koalition für ein neues Anti-Terrorpaket und zu ersten Entwürfen eines BND-Gesetzes erklären Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, und Hans-Christian Ströbele, Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums über die Nachrichtendienste:
Vor
drei Jahren veröffentlichte Edward Snowden Unterlagen, die der Welt
Einblick in ein ungeahntes, massives, in weiten Teilen rechtswidriges,
internationales Überwachungssystem gewährte. Diese Veröffentlichungen
hatten einen massiven Vertrauensverlust der Bürgerinnen und Bürger sowie
der Wirtschaft in die Integrität der digitalen
Kommunikationsinfrastruktur und in die Arbeit der Sicherheitsbehörden
zur Folge.
Seit
nunmehr rund zwei Jahren klärt der Bundestag mit dem ersten
Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode in dieser Sache auf. Die
Bundesregierung behindert die Arbeit des Parlaments bis heute massiv.
Dennoch gelang es nachzuweisen, dass auch deutsche Nachrichtendienste
Akteure in einem weltumfassenden Überwachungssystem sind. Deutlich
wurde, wie bigott und irreführend die Haltung der angeblich von den
Enthüllungen überraschten Regierung Merkel im Bundestagswahlkampf 2013
war. Inzwischen ist bewiesen, dass auch der BND Freunde und Partner in
EU- und NATO-Staaten jahrelang systematisch ausgespäht hat.
Deutlich
wurde auch, dass die Bundesregierung bezüglich ihrer Rechts- und
Fachaufsicht nicht nur kläglich versagte, sondern dass das Kanzleramt
klar rechtswidrige Praktiken des Bundesnachrichtendienstes über Jahre
laufen ließ. Statt für die notwendigen rechtlichen Anpassungen zu sorgen
und der Massenüberwachung einen Riegel vorzuschieben, stellte man
„Freibriefe“ aus und beförderte auf diese Weise
verfassungswidrige Kooperationen mit US- und britischen Diensten auf
Kosten des Grundrechtsschutzes der Bürgerinnen und Bürger.
Öffentlich
versprach die Regierung danach umfassende Aufklärung, rechtsstaatliche
Konsequenzen und Einhegungen der Dienste sowie eine verbesserte
Kontrolle durch Kanzleramt und Parlament. Nun plant die Große Koalition
offenbar, die verfassungswidrigen Praktiken des BND im Nachhinein zu
legalisieren und ganze Bereiche geheimdienstlicher Tätigkeit
beispielsweise durch bloße Abkommen auf Verwaltungsebene („Memorandum of
Understanding“, MoU) der Parlamentarischen Kontrolle zu entziehen. Das
ist eine Missachtung des Parlamentes, die sich der Bundestag nicht
gefallen lassen wird.
Verlässt
die Bundesregierung jetzt nicht endlich den Irrweg des
freiheitsgefährdenden Kurses der vergangenen Jahre, dann wird das
Vertrauen der Menschen in Schutz ihrer Daten, Infrastruktur und
Sicherheitsbehörden weiter ausgehöhlt. Wir werden mit allen uns zur
Verfügung stehenden Mitteln in dieser Kernfrage der Rechtsstaatlichkeit
für eine freie digitale Gesellschaft streiten und notfalls die Vorhaben
vor dem Bundesverfassungsgericht beklagen.
Bündnis 90/Die Grünen Bundestag
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