3. August 2018

Unternehmen können nicht auf Hoffnung bauen - Nicht Kostendruck sondern Ausschreibungsvolumen lähmen die Branche


03.08.2018

Hermann Albers, Präsident Bundesverband WindEnergie, im Standpunkt Tagesspiegel BACKGROUND Energie & Klima zur aktuellen Situation in der Windbranche.

Am 12. Juli 2018 hat die IG Metall Küste ihre 3. Betriebsräteumfrage zu Situation in der Windbranche veröffentlicht. Dabei hat die Gewerkschaft auf einen deutlichen Rückgang der Aufträge aufmerksam gemacht und vor weiterem Arbeitsplatzabbau gewarnt. Die Umfrage wirft – wie die gestrige Ankündigung des deutschen Marktführers zeigt - ein realistisches Schlaglicht auf die Branche, auch wenn die IG Metall nur einen stark fokussierten Teilbereich von Unternehmen beleuchten konnte.

In den Jahren 2014 bis 2017 wurden in Deutschland durchschnittlich rund 4.600 MW Wind an Land zugebaut. Die mit dem EEG 2017 im Juli 2016 beschlossene Einführung von Ausschreibungen wollte diesen Zubau auf 2.800 MW beschränken. Nicht die Nachfrage, sondern klar definierte politische Entscheidungen reduzieren den Markt um 40 Prozent. Dies kann nicht ohne Rückwirkung auf die Beschäftigung bleiben. Allerdings war spätestens mit dem einstimmigen Beschluss von Bundestag und Bundesrat im September 2016 zur Ratifizierung der Pariser Klimaschutzvereinbarungen klar, dass die niedrigen Ausbaukorridore im EEG überarbeitet werden müssen.

Bundestagswahl und lange Sondierungs- und Koalitionsgespräche haben einen gefährlichen Handlungsstau erzeugt, den die Politik vor der Sommerpause 2018 hätte auflösen können. Denn die Ansätze des Koalitionsvertrages sind ökologisch und ökonomisch sinnvoll: 65 Prozent Erneuerbare bis 2030, Sonderausschreibungen in 2019 und 2020, Bekenntnis zur Sektorenkopplung, Ankündigung von Investitionen in Speichertechnologien, Förderung intelligenter Vermarktungskonzepte und Schaffung von „Reallaboren“ für Power-to-X. Wann mit der Umsetzung der Energieagenda des Koalitionsvertrages begonnen wird, ist nach wie vor nicht erkennbar.

Unternehmen können nicht auf Hoffnung bauen, sie müssen harte ökonomische Kennzahlen betrachten. Der Zubau im so wichtigen deutschen Markt wird im kommenden Jahr auf vielleicht noch maximal 2.000 MW zusammenbrechen. Dies ist 2/3 weniger als im Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2017. Nicht der Kostendruck der eingeführten Ausschreibung, sondern die geringen Ausschreibungsvolumen und das fehlerhafte Ausschreibungsdesign in 2017 belasten die Windbranche und führen zu gefährlichen Beschäftigungsverlusten. Der Abbau von Beschäftigten bedingt einen Verlust von Know-how in den Unternehmen und untergräbt damit die starke Position deutscher Unternehmen im internationalen Wettbewerb. Die im deutschen Maschinen- und Anlagenbau sowie der Elektrotechnik verankerte Zukunftsbranche mit durchschnittlich 65 Prozent Exportanteil ist massiv bedrängt.

Es braucht nach der Sommerpause des Bundestages ein klares Signal, wie und wann die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages umgesetzt werden. Ein technologiespezifisches Zeit- und Mengengerüst zur Erreichung des Erneuerbaren Ziels von 65% bis 2030 im Strommarkt muss noch im Herbst sichtbar werden. International sehen wir dynamisch wachsende Märkte, die allerdings mit immer höheren Local-Content-Anforderungen zunehmend schwerer zu erschließen sind. Zusätzlich gefährden politische Entscheidungen, wie jüngst im kanadischen Bundesstaat Ontario, die Investitionssicherheit für den deutschen Mittelstand. Die Bundesregierung ist gefordert die schwierige Situation im Heimatmarkt zu glätten und gleichzeitig mit einer strategischen Außenhandelspolitik zu flankieren.

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