25. November 2016

SPD-Eingeständnis ist erster Schritt, Gesetze müssen folgen


SPD-Sponsoringaffäre: Urteil der Bundestagsverwaltung zeigt, wo das Problem liegt

Berlin, 23.11.2016. Die SPD hat angekündigt, dass es keine gesponsorten vorwärts-Gespräche mehr geben soll und die von Frontal21 aufgedeckten Vorgänge um käuflichen Zugang zu SPD-Politikern intern untersucht werden sollen. Annette Sawatzki von LobbyControl kommentiert:

„Das ist ein positiver erster Schritt, reicht aber nicht aus. Eine SPD-Tochter darf keine Lobbydienstleistungen anbieten – und zwar dauerhaft. Die SPD muss das gesamte Angebot ihrer Agentur NWMD zur Kontaktvermittlung sofort stoppen und alle Informationen über die gesponsorten vorwärts-Gespräche offenlegen. Die Ergebnisse und Details der angekündigten internen Untersuchung muss sie für die Öffentlichkeit transparent machen.“

Sawatzki weiter:

„Zudem muss die SPD endlich eine gesetzliche Regelung für das Parteiensponsoring auf den Weg bringen. Die gestern veröffentliche Einschätzung der Bundestagsverwaltung unterstreicht, wo das Problem liegt: Der eigentlich Skandal ist, dass diese Praxis derzeit nicht eindeutig illegal ist. Es kann nicht sein, dass die Parteien durch die Zwischenschaltung von Firmen solche Vorgänge jeglicher öffentlichen Kontrolle entziehen.“

Die Bundestagsverwaltung hatte LobbyControl gegenüber erklärt, dass die Rechenschaftspflicht der politischen Parteien über ihre Finanzen sich nicht auf das Zahlenwerk von eigenständigen Tochterfirmen erstrecke. Damit räumt sie klar ein, dass hier eine Regelungslücke besteht.

„Sponsoring ist bislang nicht im Parteiengesetz geregelt. Das ist nicht nur politisch und moralisch fragwürdig, sondern auch verfassungsrechtlich. Artikel 21 Grundgesetz sagt, die Parteien müssen über ihre Finanzmittel Rechenschaft ablegen. Weil es bei der Abfassung des Parteiengesetzes noch kein Sponsoring gab, sind deshalb dort nur Spenden geregelt. Sponsoring hat sich deshalb zur Dunkelkammer der Parteienfinanzierung entwickelt“, sagt Sawatzki. Sponsorengelder an Parteien müssen endlich offengelegt werden, auch wenn sie über Tochterfirmen der Parteien laufen.

LobbyControl kritisiert, dass es die Parteien seit Jahren versäumen, das Parteiengesetz entsprechend nachzubessern. „Nach den vielen Sponsorskandalen der letzten Jahre erscheint dies aus Sicht vieler Bürgerinnen und Bürger erscheint als bewusste Trickserei. Jedes weitere Aussitzen ist unverantwortlich – zumal in einer Zeit, in der Demokratiegegner Zulauf bekommen“, sagt Sawatzki.

Hintergrund

Ausführlicheren Hintergrund zu den Frontal21-Recherchen finden sie in unserer Pressemitteilung gestern sowie auf der Seite des ZDF.

In einer Antwort an LobbyControl schreibt die Bundestagsverwaltung, dass die von Frontal21 aufgedeckten Fälle des Parteisponsoring bei der SPD „an die 2010 bekannt gewordenen "Vorwärts"-Veranstaltungen ("Kaminabende")“ erinnerten. Weiter heißt es: „Parteien ist nach dem Parteiengesetz die Gründung von Gesellschaften, juristischen Personen und Unternehmen ebenso erlaubt wie eine Beteiligung daran. Die Rechenschaftspflicht der politischen Parteien über ihre Finanzen erstreckt sich nicht auf das Zahlenwerk solcher eigenständigen Gesellschaften.“

Inzwischen gibt es eine Stellungnahme des SPD-Schatzmeisters Dieter Nietman, die vor allem darauf abzielt, dass die SPD-Politikerinnen und Politiker nicht über die von Frontal21 dokumentierten Geschäftspraktiken informiert waren. Auf die Problematik, dass NWMD für Lobbyisten gezielte Veranstaltungen anbietet, geht die Stellungnahme nicht ein. Siehe https://www.spd.de/presse/pressemitteilungen/detail/news/dietmar-nietan-zur-frontal-21-berichterstattung/23/11/2016/

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...