Zu der Debatte um Minderjährigen-Ehen erklären Katja Keul, Sprecherin für Rechtspolitik, und Franziska Brantner, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:
Ehen
unter Zwang sind inakzeptabel. Sie verstoßen nicht nur gegen deutsche
Grundrechte, sondern auch gegen das Strafgesetzbuch. Die Diskussion um
die Minderjährigen-Ehen driftet allerdings zunehmend von der Realität
ab. Das Problem der Kinderehen lässt sich nicht durch eine einfache
pauschale Regelung lösen, sondern muss sich in jedem Einzelfall
ausnahmslos am Wohl der betroffenen Minderjährigen orientieren.
In
Deutschland gibt es keine Pflicht zur Registrierung der im Ausland
geschlossenen Ehen. Die Frage, ob eine Ehe wirksam ist, entscheiden die
Behörden gelegentlich im Zusammenhang mit einer anderen Amtshandlung,
z.B. bei der Eintragung in der Steuerkarte.
Die
kursierenden Zahlen zu Minderjährigen-Ehen aus dem
Ausländerzentralregister beziehen sich auf die Selbstauskunft der
Ausländerinnen und Ausländer und haben zunächst mit der Zahl
rechtswirksamer Ehen gar nichts zu tun.
Würden
wir alle Ehen als nichtig betrachten, die von Minderjährigen
geschlossen wurden, würde dies auch Menschen betreffen, die bereits
Jahrzehnte verheiratet sind und als Erwachsene zu uns kommen.
Eine
pauschale Aufhebung aller im Ausland geschlossenen Ehen mit Menschen
unter 18 Jahren würde in Einzelfällen den Minderjährigen sogar schaden.
Sie verlören dann alle ihre aus der Ehe hervorgehenden Rechte, wie
Unterhalts- oder Erbansprüche beziehungsweise ihren Aufenthaltsstatus.
Dem muss die neue Regelung Rechnung tragen, indem die stets am
Kindeswohl orientierte Entscheidung im konkreten Fall dem
Familiengericht überlassen wird.
Ob
eine Ehe, bei der heute noch ein Partner minderjährig ist, in
Deutschland aufzuheben ist, sollte stets das Familiengericht unter dem
Maßstab des Kindeswohls entscheiden. Der Gesetzgeber soll sich an den
Interessen der betroffenen Mädchen und Jungen orientieren, statt sich
von emotionsgeladenem Populismus von Politikerinnen und Politikern
leiten lassen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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