.ausgestrahlt - gemeinsam gegen Atomenergie
Pressemitteilung
Hamburg, 31. Mai 2016
Umweltministerium genehmigt Wiederinbetriebnahme des Reaktors, obwohl
die Ursache für viele Dutzend lockere und zum Teil sogar gebrochene
Schrauben an mehreren Notstromaggregaten ungeklärt ist. Sind auch andere
Bauteile betroffen?
Zur erteilten Wiederinbetriebnahmegenehmigung für das AKW Philippsburg-2
erklärt Armin Simon, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt:
„Wenn in einem Atomkraftwerk an mehreren Notstromaggregaten über viele
Monate hinweg 50 für die Kühlung der Aggregate wichtige Schrauben nicht
richtig angezogen sind und eine sogar schon gebrochen ist, dann liegt
offensichtlich ein systematischer Fehler vor. Entweder hat der
Hersteller der Aggregate geschlampt oder EnBW oder die Schrauben lockern
sich während des Betriebs, ohne dass es jemandem auffällt.
Möglicherweise ist auch altersbedingte Materialschwäche mit
verantwortlich. In einem AKW ist dies in jedem Fall gefährlich. Dass
Umweltminister Untersteller die Wiederinbetriebnahme des Reaktors
genehmigt, bevor die Fehlerursache gefunden ist, zeugt nicht von hohem
Sicherheitsbewusstsein. Die Frage drängt sich auf, ob möglicherweise
auch andere Bauteile des Reaktors Mängel aufweisen, ohne dass EnBW dies
bemerkt.
Einfach nur die zufällig gefundenen defekten Schrauben auszutauschen,
wie in Philippsburg geschehen, ist grob fahrlässig. Die Atomaufsicht
muss vielmehr klären, wie es dazu kommen konnte, dass der Reaktor
monatelang lief, obwohl seine Notstromversorgung nicht in einem
ordnungsgemäßen Zustand war. Bekanntlich reicht unter Umständen schon
ein heftigeres Unwetter aus, einen Stromausfall im AKW („station
blackout“) auszulösen – ohne funktionierende Notstromversorgung droht
dann ein Super-GAU.
EnBW hatte die gebrochene Schraube im April bemerkt, weil das Kühlsystem
leckte. Erst daraufhin nahm der Betreiber die anderen
Kühlflanschschrauben an dem Notstromaggregat unter die Lupe – und
stellte fest, dass 33 von 60 zu locker saßen. Mehr noch: Der Fehler
beschränkte sich nicht auf das eine Notstromaggregat. Auch bei einem
zweiten waren 17 von 60 Schrauben nicht fest genug angezogen. Weder EnBW
noch das Umweltministerium haben die Öffentlichkeit darüber bislang
informiert – erst Nachfragen von .ausgestrahlt brachten das Ausmaß der
Mängel ans Licht. Demnach war der erste der Notstromdiesel (der mit der
gebrochenen Schraube) erst 2015 im Herstellerwerk komplett
generalüberholt und im November 2015 wieder eingebaut worden. Der
Verdacht liegt nahe, dass die Schrauben nicht mit dem vorgeschriebenen
Werkzeug und/oder der nötigen Sachkunde montiert wurden und dass dies
offenbar sechs Monate lang unbemerkt blieb. Für ein Sicherheitssystem
eines Atomkraftwerks ist dies ein untragbarer Zustand.“

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