LobbyControl begrüßt die Verabschiedung des Karenzzeit-Gesetzes
durch den Bundestag, kritisiert allerdings die halbherzige Lösung
der großen Koalition. Zu der Verabschiedung des Gesetzes gestern
Abend im Bundestag erklärt Timo Lange von LobbyControl:
„Die Einführung einer Karenzzeit war lange überfällig. Ich freue
mich, dass es nun ein Gesetz gibt, das den Wechsel von Ministern und
Parlamentarischen Staatssekretäre aus dem Amt in Tätigkeiten in der
Wirtschaft und bei Verbänden regelt. Nach dem Wechsel von Schröder
zur Gazprom-Tochter Nordstream hat es fast zehn Jahre gedauert, bis
die Bundesregierung unter Kanzlerin Merkel endlich aktiv wurde.
Das jetzige Gesetz ist ein positiver, aber halbherziger Schritt.
Leider hat die Bundesregierung nicht den Mut gehabt, die Drehtür
zwischen Politik und Lobbyjobs stärker zu bremsen. Die Karenzzeit
hätte deutlich länger ausfallen müssen. Nach 12 oder 18 Monaten sind
die Kontakte eines ehemaligen Ministers oder Staatssekretärs nicht
ausreichend abgekühlt. Auch politische Entscheidungsverfahren, an
denen der Seitenwechsler als Amtsträger beteiligt war, sind
möglicherweise noch nicht abgeschlossen. LobbyControl fordert weiter
eine dreijährige Karenzzeit.
Problematisch ist auch das Fehlen jeglicher Sanktionen in dem
Gesetz. Die Bundesregierung entzieht sich damit der Verantwortung,
selbst für die Einhaltung der Karenzzeit zu sorgen. Dies bleibt
allein der kritischen Öffentlichkeit überlassen. Dabei weichen
ehemalige Regierungsmitglieder gerne der Öffentlichkeit aus und sind
für ihren Druck weniger empfänglich. LobbyControl wird die
Seitenwechsel weiter genau beobachten und darauf drängen, dass
insbesondere bei Wechseln in Lobbyjobs der mögliche Rahmen der
Karenzzeit voll ausgeschöpft wird.
Mit dem Karenzzeit-Gesetz machen Bundestag und Bundesregierung einen
weiteren kleinen Schritt, den Lobbyismus in Deutschland klarer zu
regeln. Allerdings ist das Regelwerk immer noch viel zu löchrig. Die
Bundesregierung muss hier endlich handeln und ein umfassendes
Konzept vorlegen. So fehlt insbesondere ein Lobbyregister für mehr
Transparenz. Auch bei den Parteifinanzen gibt es zu viele
Schlupflöcher für intransparente Geldflüsse. Daran gibt es auch
international Kritik, etwa von der Staatengruppe gegen Korruption
des Europarats.“
LobbyControl setzt sich seit der Gründung des Vereins vor zehn
Jahren für die Einführung einer gesetzlichen Karenzzeit ein. Die
Verabschiedung des Karenzzeiten-Gesetzes ist auch ein Erfolg für
hartnäckige Kampagnenarbeit. Im Webportal Lobbypedia dokumentiert
LobbyControl die Wechsel aus der Politik in Lobbyjobs:
https://lobbypedia.de/wiki/Seitenwechsler_in_Deutschland_im_%C3%9Cberblick
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