(BUP) „Wir gehen einen Zwischenschritt, der auch rechtliches Neuland und
damit Risiko bedeutet. Das Risiko wäre ungleich höher, wenn wir gar
nichts tun würden“ Es ist in der Tat etwas gewöhnungsbedürftig, wenn man
hört, dass es in der Windplanung nicht rechtlich zulässig ist, den
Bürgerwillen zu berücksichtigen.
Natürlich ist der Bürgerwille
oder eine Entscheidung eines gewählten Gemeinderates manchmal anders zu
bewerten als ein regelrechter sachlicher Grund. Trotzdem muss man sagen,
dass in einer Demokratie der Bürgerwille oder die Entscheidung einer
gewählten Kommunalvertretung eigentlich ein noch höheres Gut sein
müsste, als die reine sachliche Abwägung von reinen sachbezogenen
Ausschlusskriterien. Der Bürgerwille und die Entscheidung der
Kommunalvertretung sollten eigentlich immer einen gewissen Vorrang haben
und so auch dazu führen können, dass jenseits von reinen
Abwägungsparametern, auch eine politische Entscheidung – legitimiert
durch die Bürgerinnen und Bürger – erfolgen kann.
Das aktuelle
Urteil verhindert dies nun ausdrücklich und es wird möglicherweise
schwer werden, hier eine vernünftige Nachfolgeregelung schaffen zu
können. Es sollen jetzt in den nächsten zwei Jahren die
planungsrechtlichen Grundlagen neu geschaffen werden, die es nach
Auffassung des SSW auch wieder ermöglichen sollen, dass der Bürgerwille
beachtet wird. Ob dies angesichts des aktuellen Urteils so leicht
machbar sein wird, wird die Zeit zeigen müssen. Jetzt müssen wir
allerdings erst einmal handeln, um auch kurzfristig Wildwuchs zu
verhindern. Dabei hatten wir anfangs noch gedacht, dass die
Planungsmöglichkeiten der Gemeinden relativ schnell genutzt werden
könnten, um Wildwuchs zu verhindern.
Aber wir sind hier schnell
an Grenzen gestoßen. So kostet die neue Überplanung in der Kommune
natürlich viel Geld und dieses Geld muss ja nicht nur einmal ausgegeben
werden, sondern mehr als tausendfach, weil wir ja so viele kleine
Kommunen haben. Die Kleinteiligkeit des Landes ist hier mal wieder ein
Hindernis. Aber auch, dass solche Planungen natürlich
gemeindeübergreifend erfolgen müssen und man natürlich auch Planungen
miteinander abstimmen muss, führt nicht gerade zu einer Erleichterung.
Auch hier hätte es beispielsweise in einem Amt von 10 Gemeinden, 10
einzelne Planungen mit Ausschussberatungen und Anhörungsverfahren
gegeben, die dann jeweils wieder mit den jeweils neun Nachbargemeinden
hätten abgestimmt werden müssen. Neben den 10 Planungen hätte es alleine
dort in einer amtsweiten Planung weitere 90 Abstimmungsprozesse geben
müssen und manches Mal hätte man sich sicherlich auch über Amtsgrenzen
hinweg absprechen müssen. Dieses Beispiel zeigt, dass es kurzfristig
hier kaum eine Chance gegeben hätte, schnell zu einer landesweit
einheitlichen Lösung zu gelangen.
Die Prozesse hätten in unserer
kleinteiligen und oft ehrenamtlichen Struktur viel zu lange gedauert.
Deswegen war und ist es richtig, dass das Land nach einer kurzfristigen
gesetzlichen Lösung sucht. Und wir haben die Lösung glücklicherweise
auch gefunden. Dabei ist klar, dass das Land hier rechtliches Neuland
betritt. Aber es ist immer so, dass einer den ersten Schritt wagen muss,
und das sind in diesem Fall wir. Dabei ist der vorliegende
Gesetzentwurf kein Windenergie-Verhinderungsgesetz, sondern dieser Weg
ist mit der Branche und der kommunalen Ebene gemeinsam beraten. Wir
wollen gemeinsam dafür Sorge tragen, dass durch das Urteil kein
Wildwuchs entsteht. Deshalb sind raumbedeutsame Windkraftplanungen für 2
Jahre nicht zulässig.
Die bestehenden Anträge auf
Windkraftanlagen können weiter bearbeitet werden und im Einzelfall
können diese auch genehmigt werden. Bei der Genehmigung von bestehenden
Projekten gehe ich davon aus, dass die meisten Planungen ohne
Schwierigkeiten umgesetzt werden können. Bei einzelnen Projekten muss
genau geprüft werden, ob diese umgesetzt werden können. Dies wird in
einem rechtsstaatlich sauberen Verfahren erfolgen und wir werden alle
Projekte, die jetzt schon beantragt sind, in den nächsten beiden Jahren
abarbeiten und meistens auch umsetzen. In dieser Zeit werden wir
sukzessive neue Planungsvorgaben erarbeiten, die dann auch schon Stück
für Stück in die aktuellen Planungsverfahren einbezogen werden können.
Am
Ende werden wir eine Vielzahl von genehmigten Anlagen haben, ohne dass
Wildwuchs entstanden ist und dann werden wir ein neues Planungsrecht
schaffen, das rechtssicher ist und hoffentlich auch Regelungen enthält,
die Bürgerbeteiligung wieder möglich machen. Die Windkraftplanung lebt
gerade auch von der Bürgerbeteiligung. Deshalb ist es wichtig, hier neue
gesetzliche Grundlagen zu schaffen. Damit wir das erreichen können,
gehen wir einen Zwischenschritt, der auch rechtliches Neuland und damit
Risiko bedeutet. Das Risiko wäre aber ungleich höher, wenn wir gar
nichts tun würden. Dann würden wir die vielen kleinen Gemeinden mit
ihren Problemen alleine lassen und den Wildwuchs von Windenergieanlagen
Tür und Tor öffnen. Verantwortliche Politik darf das nicht zulassen und
muss handeln. Und genau deshalb handeln wir als Koalition auch.
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