In
der Begründung weist die IPPNW darauf hin, dass die 13.
Atomgesetznovelle in enger Abstimmung mit den Atomkraftwerksbetreibern
beschlossen wurde. Statt den Atomausstieg vollumfänglich zu begründen,
beließ es der Gesetzgeber aber bei der offenkundig mit den
Atomkraftwerksbetreibern ausgehandelten knappen Begründung, man habe
nach Fukushima eine „Neubewertung der Kernenergie“ vorgenommen.
Auf eine detailliertere, sicherheitstechnische
Begründung wurde im Gesetzestext verzichtet, obwohl aber der
Entscheidung begründete Zweifel an der Sicherheit der stillgelegten
Anlagen zugrunde lagen. So dokumentierte das Bundesumweltministerium in
der so genannten „Nachrüstliste“ vom 3. September 2010 gemeinsam mit
allen Atomaufsichtsbehörden der Länder zahlreiche gravierende
Sicherheitsdefizite.
Nach Fukushima erstellte das im
Bundesumweltministerium zuständige Referat für die Aufsicht über
Atomkraftwerke ein Papier mit dem Titel „Erste Konsequenzen aus
Fukushima – Sicherheitsüberprüfung deutscher Kernkraftwerke und
Neubewertung“. Darin stellen die Beamten fest, dass die stillgelegten
Atomkraftwerke nicht mehr den sicherheitstechnischen und somit den
rechtlichen Anforderungen genügten. Der Neubewertung der Atomenergie
nach der Atomkatastrophe in Japan ging ein mehrjähriger Prozess in den
Atomaufsichten des Bundes und der Länder voraus, der u.a. von der
Biblis-B-Klage der IPPNW mit angestoßen worden war.
Im Rahmen dieses Verwaltungsstreitverfahrens mit dem
Ziel der Stilllegung des Druckwasserreaktors Biblis B reichte die IPPNW
eine Dokumentation von rund 200 schwerwiegenden Sicherheitsdefiziten
ein, die sich auf die Bewertungen der Atomaufsichtsbehörden bzw. deren
Sachverständige stützte. Von wenigen Ausnahmen abgesehen handelt es sich
um Sicherheitsdefizite aller bauähnlichen Druckwasserreaktoren, die mit
der 13. Atomgesetznovelle stillgelegt wurden (Biblis A, Biblis B,
Unterweser, Neckarwestheim-1). Ein umfangreiches Gutachten im Auftrag
der Bundesatomaufsicht stufte 80 der von der IPPNW dokumentierten
Sicherheitsdefizite als sicherheitstechnisch besonders „relevant“ ein.
Zudem: Sogar die Betreibergesellschaft RWE selbst hatte im Rahmen der
Biblis-Klage zugegeben, dass das Atomkraftwerk „altert“ und die
Atomaufsichtsbehörde hatte bereits 2005 förmlich festgestellt, dass die
Anlage „selbstverständlich nicht dem heutigen Stand von Wissenschaft und
Technik“ entsprach.
Auch für die stillgelegten Siedewasserreaktoren der
Baulinie 69 haben Gutachter den Atomaufsichtsbehörden in den vergangenen
Jahren gravierende Sicherheitsdefizite aufgezeigt.
Die Atomkritiker stellen in ihrem Schreiben an das
Bundesverfassungsgericht fest, dass die Genehmigungsvoraussetzungen für
den Betrieb der stillgelegten Atomkraftwerke spätestens im Jahr 2011
nicht mehr vorlagen und die Stilllegungen unausweichlich waren. Für
Entschädigungsansprüche der Atomindustrie sehen sie daher keine
Grundlage.
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