2. März 2014

Zu viel Einweg bei Tragetaschen + Umweltbundesamt weiter für Bezahlpflicht


Zu viel Einweg bei Tragetaschen

Umweltbundesamt weiter für Bezahlpflicht

Plastiktüten mit Äpfeln
Hemdchenbeutel wie diese finden sich als Plastikmüll häufig an den Küsten und in den Meeren.
Quelle: Francesca Schellhaas / photocase
Das Umweltbundesamt empfiehlt, den Verbrauch von Einweg-Tragetaschen aus Kunststoff weiter zu verringern und die im Lebensmitteleinzelhandel bereits bestehende Bezahlpflicht für Einkaufstaschen auszuweiten. Das trägt dazu bei, Ressourcen effizient zu nutzen, Abfälle zu vermeiden sowie den Abfalleintrag in die Meere zu verringern. Aktuelle Daten belegen, dass kleine und große Einwegtüten aus Kunststoff sowie deren Reste in den Spülsäumen der Nord- und Ostsee durchgängig vorkommen. Thomas Holzmann, Vizepräsident des Umweltbundesamtes: „Einwegtüten sind ein kurzlebiges Produkt. Selbst wenn man sie zwei- oder dreimal verwendet, so lassen sie sich dennoch schwer mit Abfallvermeidung und effizienter Ressourcennutzung in Einklang bringen. Zudem finden sie sich an den Küsten und in den Meeren. Bei Einwegtragetaschen aus Kunststoff spricht also viel für eine Bezahlpflicht.“



Die EU-Kommission hat deshalb im November 2013 eine Änderung der Verpackungsrichtlinie vorgeschlagen, wonach Mitgliedstaaten innerhalb von zwei Jahren den Verbrauch von sehr leichten Einweg-Tüten mit Wandstärken von weniger als 50 Mikrometer deutlich reduzieren sollen. Ob diese Eingrenzung sinnvoll ist und welche Maßnahmen in Deutschland in Frage kämen, diskutiert das Umweltbundesamt heute auf der Dialogveranstaltung „Einweg-Tragetaschen“ mit Herstellern, Behörden sowie Umwelt- und Verbraucherverbänden. Die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung beziffert in ihrer aktuellen Erhebung den derzeitigen Pro-Kopf-Verbrauch von Einweg-Tragetaschen in Deutschland auf 76 Stück pro Jahr. Der jährliche EU-Durchschnitt wird auf 198 Einweg-Tragetaschen pro Einwohner beziffert. Darüber hinaus werden in Deutschland 39 Stück Hemdchenbeutel für Bedienware pro Kopf und Jahr verbraucht.

Deutschland verfügt über ein hoch entwickeltes Abfallwirtschaftssystem. Verpackungsabfälle werden getrennt erfasst, eine Deponierung unbehandelter Abfälle findet nicht statt. Kunststofftüten gelangen dennoch regelmäßig in die Umwelt. Ihre Reste lassen sich weltweit in Meeren und an Küsten finden. Das gilt auch für die Ost- und die Nordsee, wie erstmals Zählungen der Meeresschutzbehörden von Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern belegen. In den Jahren 2008 bis 2012 wurden in den Spülsäumen der Nordsee durchschnittlich 1,5 Einweg-Tragetaschen aus Kunststoff und drei Hemdchenbeutel – kleine dünnwandige Plastiktüten – pro hundert Meter Küstenlinie gefunden. Dass Kunststoffreste in den Spülsäumen europäischer Meere dominieren, bestätigen ebenso Untersuchungen am Mittelmeer. Diese Fragmente werden von Meereslebewesen mit Nahrung verwechselt und können die Mägen der Tiere verstopfen, was zum Tod durch Verhungern oder durch innere Verletzungen führen kann. Die endgültige Zersetzung kann Jahrhunderte dauern. Dabei können Additive wie Weichmacher in die Meeresumwelt gelangen. Demgegenüber steht eine sehr kurze Nutzungsdauer der Tüten.

Ebenso wenig umweltfreundlich sind Einweg-Tragetaschen aus biologisch abbaubaren Kunststoffen. Thomas Holzmann: „Biologisch abbaubare Kunststofftüten sind für uns keine Alternative zu herkömmlichen Einweg-Tüten. Auch diese sind kurzlebige Einwegprodukte und tragen nicht zur Abfallvermeidung bei. Das Material bietet bisher keine ökologischen Vorteile gegenüber Kunststoffen, die aus Erdöl gewonnen werden.“ Biologisch abbaubare Kunststoffe könnten das Recycling konventioneller Kunststoffe beeinträchtigen. In Kompostierungsanlagen werden Kunststoffe meist generell als Störstoff aussortiert. Die Rottezeiten in vielen industriellen Kompostierungsanlagen reichen oftmals nicht für eine Zersetzung der biologisch abbaubaren Kunststoffe aus. Zudem lösen sie nicht das Problem der Meeresvermüllung. Eine schnellere Zersetzung unter den kalten und meist dunklen Bedingungen im Meer lässt sich nicht nachweisen.

Das Umweltbundesamt empfiehlt, eine Bezahlpflicht auf Einwegtragetaschen aus Kunststoff einzuführen. Dazu kann die bereits im Lebensmitteleinzelhandel existierende Praxis, wonach für alle Einkaufstragetaschen gezahlt werden muss, auf den gesamten Einzelhandel ausgedehnt werden. Ressourcen lassen sich schonen und Abfall vermeiden, wenn Mehrwegtragetaschen bevorzugt und bereits vorhandene Einweg-Tragetaschen mehrfach verwendet werden. Unter den Einwegtragetaschen sind Varianten aus recycelten Kunststoffen empfehlenswert. Zum Beispiel die Tragetaschen mit dem Blauen Engel: Diese bestehen zu mindestens 80 Prozent aus verwerteten Kunststoffen. Entsorgt werden diese am besten in der Gelben Tonne oder dem Gelben Sack.
Weitere Informationen

Das Umweltbundesamt lässt derzeit Eintragsquellen und -mengen von Kunststoffverpackungen sowie anderen Abfällen und deren Auswirkungen auf die Meeresumwelt untersuchen. Dazu gehört ein kohärentes Monitoring der Belastung der deutschen Meere mit Abfällen inklusive der Entwicklung von Methoden zur statistischen Trendermittlung. Weiterhin sollen ökologische Auswirkungen von Müll im Meer umfassend betrachtet und bewertet werden. Darüber hinaus ist das UBA federführend an der Entwicklung von regionalen Aktionsplänen zur Verminderung des Eintrags von Müll in Nordostatlantik und Ostsee im Rahmen der laufenden Arbeiten der regionalen Übereinkommen zum Schutz dieser Meeresgebiete aktiv.

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