31. Januar 2020

Kohleausstieg mit zu großen Emissionen: Umfassende Löschung freiwerdender Emissionszertifikate nun besonders wichtig für klimapolitische Wirkung

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Keine stetige Emissionsminderung bei der Braunkohle, keine Rettung der vom Tagebau bedrohten Dörfer, kein Verzicht auf Steinkohlekraftwerk in Datteln: Das Gesetz verstößt nach Ansicht von Germanwatch gegen die Empfehlungen der Kohlekommission / Germanwatch fordert realistische Berechnung und umfassende Löschung freiwerdender Emissionsrechte


Berlin (29. Jan. 2020). Trotz scharfer Kritik aus Zivilgesellschaft und großen Teilen der ehemaligen Kohlekommission am Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes, hat das Bundeskabinett diesen heute ohne wesentliche Verbesserungen für den Klimaschutz beschlossen. Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch, kritisiert: "Die Bundesregierung hat mit dem heutigen Beschluss zum Kohleausstieg die doppelte Chance verpasst, sowohl den Herausforderungen der Klimakrise gerecht als auch von breiter Akzeptanz in der Gesellschaft getragen zu werden. Beschlossen hat sie stattdessen ein Gesetz, dass deutlich mehr Emissionen zulässt als wir uns noch leisten können und durch Abrücken vom Kohlekompromiss zudem sehr große Teile der Zivilgesellschaft und Wissenschaft brüskiert."

Zu viele Braunkohlekraftwerke bleiben bis Ende der 2020er Jahre am Netz, von den zu Beginn der 30er Jahre noch verbleibenden knapp neun Gigawatt Kapazität sollen sechs erst nach 2035 abgeschaltet werden. "Das führt zu nicht verantwortbaren Mehremissionen", so Bals. „Eine neue Bundesregierung wird diesen Kompromiss nachbessern müssen, wenn sie sich an den Klimazielen  von Paris orientiert." Sonst drohten sogar auch die selbst gesetzten deutschen Klimaziele verfehlt zu werden und die Dörfer am Tagebau Garzweiler II der Braunkohle zum Opfer zu fallen. Dass mit Datteln IV ein neues Kohlekraftwerk eingeschaltet wird während Deutschland beginnt die Kohle auszuschalten, stößt auch international auf Unverständnis.

Ein wichtiger Fortschritt der vergangenen Wochen ist immerhin, dass Bundesumweltministerin Schulze durchgesetzt hat, dass die freiwerdenden CO2-Emissionszertifikate gelöscht werden sollen. Ohne die Löschung könnte der durch den Kohleausstieg hier erreichte Klimaschutz in anderen EU-Ländern zumindest teilweise durch mehr Emissionen konterkariert werden und der CO2-Preis in der EU könnte sinken. Nun kommt es auf das Verfahren zur Berechnung der zu löschenden Emissionserlaubnismengen an. Dies wird dadurch verkompliziert, dass ein Teil der Löschung durch die Marktstabilitätsreserve des EU-Emissionshandels erfolgen soll. Diese Reserve wurde eingerichtet, um bei einem Überangebot an Emissionszertifikaten auf dem Markt die Anzahl reduzieren und so den Preis stabilisieren zu können.

Christoph Bals: „Das Verfahren zur Berechnung muss sicherstellen, dass die Stilllegungen von Kohlekraftwerken tatsächlich zum gewünschten Klimaschutz führen.“ Dazu gehöre, dass bei der Berechnung der Menge der zu löschenden Zertifikate für jedes stillgelegte Kraftwerk die gesamte ursprünglich vorgesehene Restlaufzeit berücksichtigt wird. "Es ist wichtig, dass die Berechnungen transparent und unter maßgeblicher Beteiligung des Umweltministeriums – als Anwalt für die Belange des Klimaschutzes in der Bundesregierung -  erfolgen. Zudem sollte die Bundesregierung die Zahlen zu den insgesamt freiwerdenden CO2-Zertifikaten noch in diesem Jahr veröffentlichen", fordert Bals.


Germanwatch begrüßt, dass sich die Bundesregierung für eine Stärkung der Marktstabilitätsreserve einsetzen will. Spätestens im nächsten Jahr steht aus Sicht von Germanwatch eine deutliche Weiterentwicklung des EU-Emissionshandels mit verschärften Klimazielen, der Einführung eines CO2-Mindestpreises und einem Rahmen für die Industrie an, der die Transformation zu neuen Geschäftsmodellen erlaubt.


Germanwatch-Hintergrund zu Kohleausstiegsgesetz und Auswirkungen auf Emissionszertifikate: www.germanwatch.org/de/17952

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