
Da die Zahl der
Krebserkrankungen in der japanischen Bevölkerung aber ohnehin schon hoch
ist, wird die Mehrzahl dieser Fälle nicht kausal mit der
Strahlenexposition in Verbindung zu bringen sein. Die Tatsache, dass
eine Krebserkrankung keine Herkunftsbezeichnung trägt und sich nie
eindeutig auf eine einzelne Ursache zurückführen lässt, wird von der
Atomindustrie und auch von UNSCEAR genutzt, um jegliche Kausalität
abzustreiten. Eine Taktik, wie man sie schon lange von der
Tabakindustrie oder der Asbestwirtschaft kennt. „Die Geschichte
wiederholt sich. Wie damals nach der atomaren Katastrophe von
Tschernobyl werden die Risiken für die Menschen in den kontaminierten
Gebieten vertuscht, verharmlost und verschwiegen,“ kritisiert der
stellvertretende Vorsitzende der IPPNW, Dr. Alex Rosen.
Die IPPNW moniert zudem, dass sich die Mitglieder
von UNSCEAR in ihrem Bericht im Wesentlichen auf die Angaben der
Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO), der Betreiberfirma TEPCO
und der japanischen Atombehörden stützen. Neutrale unabhängige
Institute und Forschungseinrichtungen werden ignoriert. So beruhen die
Dosisberechnungen der betroffenen Bevölkerung im Bericht maßgeblich auf
Nahrungsmittelproben IAEO, einer Organisation, die mit dem Ziel
gegründet wurde, „weltweit die Nutzung der Atomenergie zu befördern“.
Unliebsame Ergebnisse von unabhängigen Nahrungsmittelstichproben werden
ignoriert. Zur Schätzung des Gesamtausstoßes von Radioaktivität werden
Studien der japanischen Atomenergiebehörde herangezogen, statt die
deutlich höheren Berechnungen unabhängiger Institute zu berücksichtigen.
Die Strahlendosen der Kraftwerksarbeiter wurden größtenteils direkt von
der umstrittenen Betreiberfirma TEPCO übernommen. Die Vielzahl an
Berichten über Manipulationen und Ungereimtheiten dieser Messwerte
übersehen die Autoren wohlwollend.
Bei 47 % der untersuchten Kinder in der Präfektur
Fukushima wurden Knoten und -zysten gefunden. Bei 33 Kindern stellten
die Ärzte jetzt schon Schilddrüsenkrebs fest und mussten die Schilddrüse
operativ entfernen, 42 weiteren Kindern mit akutem Krebsverdacht steht
eine solche Operation noch bevor. Diese Zahlen entsprechen einer
Häufigkeit von 13,0 pro 100.000 Kindern. Vor Fukushima lag die jährliche
Zahl der Neuerkrankungen in Japan bei nur 0,35 pro 100.000 Kindern. Die
Zahl der Schilddrusenkrebsfälle in Fukushima sind somit
besorgniserregend hoch.
Unumstritten ist: jede noch so kleine Dosis von
Radioaktivität geht mit einem erhöhten Risiko für Krebserkrankungen
einher. Statt die betroffenen Menschen offen über diese Risiken
aufzuklären, versuchen die Autoren des Berichts jedoch auf der Basis
fragwürdiger Annahmen, selektiver Stichproben und geschönter
Strahlendosen die industriegefällige Botschaft zu streuen, dass man in
Fukushima noch einmal mit dem Schrecken davon gekommen sei.
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