15. Dezember 2013

Steuerfrei, rechtsfrei, straffrei: Milliarden-Gewinne multinationaler Unternehmen auf Kosten von Menschenrechten

Urgewald***Facing Finance***EarthLink***FairFin***Centrum CSR.PL***Ja!
Justica Ambiental***SODI




Steuerfrei, rechtsfrei, straffrei: Milliarden-Gewinne multinationaler Unternehmen auf Kosten von Menschenrechten

BERLIN, 09.12.13 - Anlässlich des internationalen Tages der
Menschenrechte (10.12.) stellt heute die NRO-Kampagne FACING FINANCE
ihren Bericht DIRTY PROFITS 2 in Berlin vor. Dieser belegt:
Menschenrechtsverletzungen, Korruption, Ausbeutung und Umweltzerstörung
gehören immer noch zum Geschäftsmodell global agierender Unternehmen.
Der 124 Seiten starke Bericht zeigt die gravierendsten Verstöße
multinationaler Unternehmen gegen internationale Normen und Standards,
wobei insgesamt 26 kontroverse Unternehmen (u.a. SHELL, GAZPROM,
GLENCORE, Nestlé und ADIDAS) analysiert werden. Sie setzten im Jahr 2012
mehr als 1,24 Billionen Euro um und erzielten dabei einen Nettogewinn in
Höhe von über 90 Mrd. Euro.

„Ein nicht geringer Teil der Profite multinationaler Unternehmen wird
offensichtlich nach wie vor auf schmutzige Art und Weise und immer noch
zu Lasten von Mensch und Umwelt verdient“, beklagt Thomas Küchenmeister,
Koordinator und Initiator der Kampagne Facing Finance. „Dass dies
bisweilen nahezu steuerfrei geschieht, ist so unsozial wie leider
legal,“ kritisiert Küchenmeister und sieht dies als Beleg für die
Unzulänglichkeit des internationalen Steuerrechts. Laut EU-Kommission
geht allein in der EU dem Fiskus jährlich etwa eine Billion Euro durch
Steuerhinterziehung und Steuerumgehung verloren.

Auf Basis einer Finanzrecherche des Instituts Profundo analysiert der
DIRTY PROFITS-Bericht zudem, wie europäische Finanzinstitute die
Geschäfte dieser Unternehmen finanziell unterstützen. Um geplante
Projekte realisieren zu können, sind auch Großunternehmen wie
GlencoreXstrata, Gazprom, Shell oder Nestlé auf die finanzielle
Rückendeckung durch Finanzinstitute angewiesen. Knapp 33 Mrd. EURO
stellten die untersuchten 19 europäischen Finanzhäuser im
Untersuchungszeitraum von 2011 bis 2013 den 26 Unternehmen zur
Verfügung. Die Geldgeber tragen über die Vergabe von
Unternehmenskrediten oder die Ausgabe von Anleihen eine Mitverantwortung
an entstehenden ökologischen und sozialen Schäden, die die Aktivitäten
ihrer Kunden hervorrufen. BNP Paribas, Deutsche Bank und Credit Suisse
vergaben am meisten Geld an die kontroversen Unternehmen. Sie
unterhielten zu fast allen untersuchten Unternehmen Geschäftsbeziehungen
und scheuen sich nicht, Unternehmen zu unterstützen, die andere
Finanzdienstleister längst ausschließen. Bei international anerkannten
Investoren (wie z.B. die Europäische Investitionsbank oder der
norwegische Pensionsfonds) stehen 17 der analysierten 26 Unternehmen
aktuell wegen Umwelt- oder Sozialverstößen auf dem Index.

„Mit ihren unkritischen Finanzspritzen für Umweltsünder und
Menschenrechtsverletzer wie Gazprom oder Glencore unterstützen
Finanzinstitute Rohstoffplünderungen, Menschenrechtsverletzungen und
Klimaerwärmung“, sagt Barbara Happe von der Menschrechts- und
Umweltorganisation urgewald. Der Bericht belege, dass die von den
Finanzinstituten verabschiedeten Selbstverpflichtungen bei weitem nicht
ausreichen, um wirksam vor ökologischen und sozialen Fehlinvestitionen
zu schützen.

Für internationale Aufmerksamkeit sorgt aktuell der russische
Energieriese Gazprom, der seit längerem mit wettbewerbswidrigen
Praktiken und Korruption in Verbindung gebracht wird. So wurden
Aktivisten von Greenpeace in einer spektakulären Aktion im Spätsommer
von der russischen Küstenwache festgenommen, als sie friedlich vor der
Ölplattform Prirazlomnaya gegen riskante Ölbohrungen in der Arktis
protestierten. Sie blieben mehr als 2 Monate in Haft, bevor sie gegen
Kautionszahlungen vorerst auf freien Fuß gesetzt wurden. Die Anklage,
die auf Rowdytum lautet, gilt weiterhin. 3,4 Mrd. € stellten europäische
Banken, allen voran BNP Paribas, ING, Unicredit, Deutsche Bank und
Commerzbank, dem Konzern im Untersuchungszeitraum zur Verfügung.

Der Bericht fordert Finanzdienstleister auf, Regeln für ihre
Finanzierungen anzuwenden, die umfassend Menschenrechts- und
Umweltstandards berücksichtigen.

Zudem müsse der Gesetzgeber umgehend Maßnahmen ergreifen, um
Finanzierungen kontroverser Sektoren wie z.B. Atomwaffen und
Streumunition zu beenden. Auch sollten steuerliche Begünstigungen, wie
für Riesteraktiensparverträge, auf Finanzprodukte beschränkt bleiben,
die Nachhaltigkeitsstandards einhalten. Die Zertifizierung solcher
„Riesterprodukte“ müsste unbedingt durch einen Ethikrat überwacht
werden, fordern die NRO und rufen auch Bankkunden dazu auf, die
Geschäftsmethoden ihrer Bank kritisch zu hinterfragen und ggf. den
Finanzdienstleister zu wechseln.

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