Themen wie Tierwohl und Lebensmittelsicherheit in zentralem Gremium schwach vertreten
Brüssel/Hamburg, 24. 5. 2018 – Der
Landwirtschaftsausschuss des EU-Parlaments (AGRI) ist einseitig mit
Landwirten und Lobbyisten der Agrarindustrie besetzt. 25 der 46
Mitglieder sind eng mit der Agrarwirtschaft verbunden – als aktive oder
ehemalige Landwirte, Gesellschafter oder Vertreter der Agrarindustrie.
Dies zeigt eine heute veröffentlichte Greenpeace-Analyse: http://act.gp/2s4DJVS.
Der AGRI wird die anstehende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU
(GAP) für die Jahre 2021-2027 maßgeblich mitgestalten. Er kann so mit
der bestehenden Mehrheit der Agrarvertreter im Ausschuss massiv auf die
Verteilung der milliardenschweren Agrarsubventionen Einfluss nehmen.
Obwohl der Ausschuss vielfältige Themen bearbeiten muss wie
Lebensmittelsicherheit, Tierschutz, Fischerei, Waldnutzung oder Jagd,
wird er mehrheitlich durch Agrarproduzenten vertreten. „Die einseitige
Besetzung des Agrarausschusses steht im krassen Widerspruch zu seinen
breiten Aufgaben“, sagt Martin Hofstetter, Agrarexperte bei Greenpeace.
„Die Lobby-Unwucht verhindert die dringend nötige Reform der
EU-Agrarpolitik. Sie ist mitverantwortlich für das Artensterben und die
riesigen umweltschädlichen Emissionen der Landwirtschaft.“
Die Greenpeace-Recherche zeigt: Allein
acht Mitglieder der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) im
Ausschuss sind Landwirte oder Agrarlobbyisten. Der Sprecher der
konservativen Fraktion im Agrarausschuss Albert Dess (CSU) ist zugleich
Vorstandsvorsitzender der Großmolkerei Bayernland. Dess sitzt zudem
zusammen mit hochrangigen Vertretern des Bauernverbandes im Beirat des
Agrarhandelskonzerns Baywa. Der Agrarier und Haushaltsexperte Reimer
Böge (CDU) ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Deutscher
Rinderzüchter, im Aufsichtsrat des Agrarkonzerns Raiffeisen Nord AG und
im Aufsichtsrat der Tierversicherung AG. Auch andere Parteien haben
zahlreiche Landwirte in den Agrarausschuss berufen.
„Seit Jahrzehnten fördert die
Agrarpolitik der EU konventionelle Großbetriebe und Massentierhalter mit
riesigen Beträgen statt die Zahlungen an klare Umweltleistungen zu
binden“, so Hofstetter. „Die EU sollte die Agrargelder künftig vor allem
für Tierwohl-, Gewässer- und Klimaschutzmaßnahmen einsetzen. Der
Umweltausschuss muss ein gleichberechtigtes Mitspracherecht bei der
Reform der Agrarpolitik erhalten.“
Die zukünftige EU-Agrarpolitik wird
zwischen der Kommission, den nationalen Regierungen und dem EU-Parlament
ausgehandelt. Greenpeace schlägt eine gemeinsame Verantwortung von AGRI
und dem Ausschuss für Umwelt, öffentliche Gesundheit und
Lebensmittelsicherheit (ENVI) vor. Es wird erwartet, dass das Parlament
kurz nach der Veröffentlichung des Vorschlags der Europäischen
Kommission für die neue GAP, die für den 1. Juni vorgesehen ist, eine
endgültige Entscheidung trifft.
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