2. Juli 2017

KEINE ABSCHIEBUNG NACH AFGHANISTAN! AFGHANISTAN IST NICHT SICHER, NIRGENDS.


Innenministerkonferenz und geplante Abschiebungen nach Afghanistan

Die Ärzteorganisation IPPNW kritisiert den Beschluss der
Innenministerkonferenz, an den Abschiebungen nach Afghanistan
festzuhalten. Es ist nicht nachvollziehbar, dass ein ursprünglich für
morgen geplanter Abschiebeflug demnächst stattfinden soll, obwohl die
Innenminister aus Bund und Ländern das Auswärtige Amt aufgefordert
haben, im Juli 2017 eine Neubewertung der Sicherheitslage vorzulegen. Alle
einschlägigen ExpertInnen warnen, dass Krieg und Terror eine fast
täglich wachsende Bedrohung des Lebens der Menschen dort sind. Dennoch
wollen die Innenminister der Länder die sogenannte freiwillige Rückkehr
afghanischer Flüchtlinge weiter fördern und „Gefährder, Straftäter
und Ausreisepflichtige, die hartnäckig ihre Mitwirkung an der
Identitätsfeststellung verweigern“, nach sorgfältiger
Einzelfallprüfung immer noch nach Afghanistan abschieben.

Bei den bisherigen fünf Sammelabschiebungen waren aber keineswegs nur
Straftäter und Gefährder an Bord der Flugzeuge nach Kabul. IPPNW-Ärzte
und -Ärztinnen wissen von Kranken, von gut integrierten Menschen mit
Arbeit und jahrelangem Aufenthalt in Deutschland, die gegen den Widerstand
vieler UnterstützerInnen abgeschoben worden sind. Die angebliche
sorgfältige Einzelfallprüfung fand nicht statt. Mitglieder des
IPPNW-Arbeitskreises „Flüchtlinge und Asyl“ stellen zudem fest, dass
sich die Spur vieler Abgeschobener nach kurzer Zeit verliert. Eine in den
meisten Fällen dringend erforderliche medizinische oder soziale
Unterstützung haben sie nicht erhalten. Die IPPNW protestiert zudem gegen
Dublin-Abschiebungen afghanischer Geflüchteter nach Norwegen, da dieses
Land auch Familien mit Kindern und Schwerkranke skrupellos nach
Afghanistan schickt. Bereits im letzten Jahr wurden aus Norwegen
abgeschobene Kleinkinder bei einem Selbstmordanschlag in Kabul verletzt.

„Wir IPPNW-Ärzt/innen legen großen Wert auf die Feststellung, dass auch
Straftäter ein unteilbares Recht auf Leben und menschenwürdige
Behandlung haben. Diese Selbstverständlichkeit darf durch nichts in Frage
gestellt werden. Eine Todesstrafe durch die Hintertür darf es nicht
geben. Wir werden den Plan der Innenminister nicht hinnehmen, Menschen
abzuschieben, bevor eine Neubewertung der Sicherheitslage durch das
Auswärtige Amt vorliegt. Diese muss die Realität und die Einschätzungen
internationaler Organisationen angemessen berücksichtigen“, erklärt
IPPNW-Ärztin Dr. Gisela Penteker.

Die Innenminister argumentieren, dass ein Abschiebestopp ein falsches
Signal nach Afghanistan sei und den Schleppern in die Hände arbeiten
würde. „Wichtiger als ständig über Abschiebung zu diskutieren und den
Eindruck zu erwecken, die meisten Geflüchteten seien Gefährder,
Kriminelle und Identitätsverschleierer, wäre es aber, legale Zugangswege
nach Europa zu schaffen und ein Einwanderungsgesetz in Deutschland zu
diskutieren“, so Penteker. Deutschland solle sich in der
Flüchtlingspolitik ein Beispiel an Uganda nehmen, wo Flüchtlinge
selbstverständlich ein Bleiberecht haben.

IPPNW-Ärztinnen und -Ärzte erleben hautnah, wie afghanische PatientInnen
leiden, wie sie an der Angst vor Abschiebung psychisch krank werden. Diese
Angst retraumatisiert sie, auch in den Bundesländern, die sich bisher an
Abschiebungen nach Afghanistan nicht beteiligen. Um sich hier zu
integrieren, um hier oder auch bei einer später vielleicht möglichen
Rückkehr gut gerüstet zu sein, brauchen sie vor allem Sicherheit,
Bildung und Ausbildung.

Afghanistan ist nicht sicher, nirgends. Afghanen haben entgegen der
politischen Vorgabe eine gute Bleibeperspektive. Sie sollten von Anfang an
Anspruch auf Integrationskurse haben und das deutliche Signal erhalten,
dass sie hier willkommen und sicher sind. Das wäre auch die beste
Vorbeugung gegen Radikalisierung und Kriminalität.

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