Das Amtsgericht Neustadt a. d. Aisch hat seinen – vom
Oberlandesgericht Nürnberg am 15.09.2015 bestätigten – Beschluss vom
30.03.2015, mit dem es wegen Verletzung der Schulbesuchspflicht der
Mutter Teile der elterliche Sorge für den Betroffenen entzogen und auf
das Kreisjugendamt übertragen hatte, jüngst aufgehoben (Beschluss vom
14.03.2016), obwohl der freilernende zehn Jahre alte Betroffene seit
den Herbstferien 2015 nicht mehr zur Schule geht. Das Jugendamt hatte im
Januar 2016 beantragt, den Sorgerechtsentzug hinsichtlich der
Internats-/Heimunterbringung zu erweitern. Diesem Begehren entsprach das
Amtsgericht nicht, vielmehr gab es der Mutter die entzogenen Teile der
elterlichen Sorge zurück.
Zwar vertritt das Amtsgericht weiterhin die Auffassung, die elterliche Weigerung, den Sohn gegen seinen Willen beschulen zu lassen, stelle eine Kindeswohlgefährdung dar. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aber verbiete es, der Mutter weitere Bereiche der elterlichen Sorge, die zu einer Trennung des Betroffenen von seinen Eltern führen würde, zu entziehen. „Bezüglich seiner schulischen Leistung ist W. ganz offensichtlich auf dem Stand der Gleichaltrigen. Er hat während seiner Beschulung im Jahr 2015 gute Noten erzielen können, und auch vom Kreisjugendamt wurde nicht vorgetragen, dass er hinter dem Leistungsniveau seiner Klasse zurückliegen würde. An seiner Sozialkompetenz bestehen nach wie vor keine Zweifel. Die Eltern fördern auch weiterhin seine außerhäuslichen Aktivitäten. Er hat Klavierunterricht, ist im THW und sportlich aktiv. Außerdem hat er sozialen Kontakt mit anderen Kindern […]. Die Eltern stellen ihm Lernmaterialien zur Verfügung, die auch in der Regel-Grundschule verwendet werden. […] Das Gericht ist der Auffassung, dass die Kindeswohlgefährdung, die durch Herausnahme W. aus seiner Ursprungsfamilie entstehen würde, mindestens ebenso gravierend ist, wie die Kindeswohlgefährdung durch seine Nichtbeschulung. Die Herausnahme wäre damit unverhältnismäßig.“ Weil der bisherige geringere Eingriff in die Elternrechte sich als „nicht zielführend“ herausgestellt hätte („weil es nicht gelungen ist, W. mit Hilfe des Ergänzungspflegers zum regelmäßigen Schulbesuch zu bringen“), sei die teilweise Entziehung der elterlichen Sorge aufzuheben gewesen.
Der Beschluss vom 14.03.2016 ist wirksam, aber nicht rechtskräftig. Form- und fristgemäß hat das Kreisjugendamt ihn mit der Beschwerde angefochten. Eine Entscheidung des Beschwerdegerichts (Oberlandesgericht Nürnberg) liegt noch nicht vor.
Rechtsanwalt Dr. Andreas Vogt, Eschwege
Zwar vertritt das Amtsgericht weiterhin die Auffassung, die elterliche Weigerung, den Sohn gegen seinen Willen beschulen zu lassen, stelle eine Kindeswohlgefährdung dar. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aber verbiete es, der Mutter weitere Bereiche der elterlichen Sorge, die zu einer Trennung des Betroffenen von seinen Eltern führen würde, zu entziehen. „Bezüglich seiner schulischen Leistung ist W. ganz offensichtlich auf dem Stand der Gleichaltrigen. Er hat während seiner Beschulung im Jahr 2015 gute Noten erzielen können, und auch vom Kreisjugendamt wurde nicht vorgetragen, dass er hinter dem Leistungsniveau seiner Klasse zurückliegen würde. An seiner Sozialkompetenz bestehen nach wie vor keine Zweifel. Die Eltern fördern auch weiterhin seine außerhäuslichen Aktivitäten. Er hat Klavierunterricht, ist im THW und sportlich aktiv. Außerdem hat er sozialen Kontakt mit anderen Kindern […]. Die Eltern stellen ihm Lernmaterialien zur Verfügung, die auch in der Regel-Grundschule verwendet werden. […] Das Gericht ist der Auffassung, dass die Kindeswohlgefährdung, die durch Herausnahme W. aus seiner Ursprungsfamilie entstehen würde, mindestens ebenso gravierend ist, wie die Kindeswohlgefährdung durch seine Nichtbeschulung. Die Herausnahme wäre damit unverhältnismäßig.“ Weil der bisherige geringere Eingriff in die Elternrechte sich als „nicht zielführend“ herausgestellt hätte („weil es nicht gelungen ist, W. mit Hilfe des Ergänzungspflegers zum regelmäßigen Schulbesuch zu bringen“), sei die teilweise Entziehung der elterlichen Sorge aufzuheben gewesen.
Der Beschluss vom 14.03.2016 ist wirksam, aber nicht rechtskräftig. Form- und fristgemäß hat das Kreisjugendamt ihn mit der Beschwerde angefochten. Eine Entscheidung des Beschwerdegerichts (Oberlandesgericht Nürnberg) liegt noch nicht vor.
Rechtsanwalt Dr. Andreas Vogt, Eschwege
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen