6. September 2015

PROVIEH und VIER PFOTEN sprechen sich gegen Stallbau aus



Bauvorhaben der Rinderhaltungsanlage von Agrarhof Brüel e.G. in Keez, Mecklenburg-Vorpommern stößt auf großen Widerstand
Hamburg / Keez, 03. September 2015 - Am Standort Keez soll eine Milchviehanlage für knapp 3.000 Rinder der Rasse Jersey errichtet werden. Eine artgemäße Haltung und Versorgung von Milchkühen und deren Kälbern ist bei Betrieben dieser Größenordnung nicht zu erwarten. Vermutet werden muss, dass es einzig und allein um Gewinnmaximierung geht – zu Lasten der Tiere.

Deutlich wurde dieser Beweggrund während der öffentlichen Anhörung am 01.09.2015, an der PROVIEH und VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz als Vertreter des Tierschutzes teilgenommen haben. Beide Tierschutzorganisationen hatten zuvor schriftlich Einwendungen gegen das Vorhaben eingereicht und waren deshalb bei dem Erörterungstermin als Einwender gelistet.

Kaum artgerechte Haltung und wenig Tierwohl – Verdrängung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft

Bei dem geplanten Betrieb ist für die 2.280 Milchkühe, 169 Jungtiere und die 600 Kälber schlecht vorgesorgt: so sind nur 5 sogenannte Abkalbeboxen vorgesehen - ohne Einstreu. Viel zu wenig für einen Betrieb dieser Größe. Nach den Empfehlungen der niedersächsischen Leitlinie für Milchviehhaltung müssten mindestens 76 gut eingestreute Abkalbeboxen vorgesehen werden. Krankenbuchten sind nur im Kuhstall für 46 Tiere geplant und nur als Gruppenbuchten - für die 600 Kälber sind gar keine Krankenbuchten vorgesehen. Auslauf im Freien gibt es für keines der Tiere.

Stefanie Pöpken, Fachreferentin für Rinder bei PROVIEH:
"Desaströs wirkt sich solch eine Anlage auch auf die männlichen Bullenkälber aus. Diese sind zur Vermarktung als Mastrind aufgrund geringer Muskelmasse unrentabel und werden zwei Wochen nach ihrer Geburt dem Viehhändler übergegeben. Sie landen entweder in Mastanlagen oder werden auf sehr lange, unvorstellbar qualvolle Tiertransporte in Nicht-EU-Länder geschickt.“

Der Agrarhof Brüel e.G. will diese unerwünschten Tiere durch speziell behandeltes (gesextes) Sperma vermeiden. Eine Prozedur, die trotz hoher Kosten nur einen unbefriedigenden Erfolg verzeichnet. Eine Reduzierung der Bullenkälber auf 20% ergibt immer noch 456 Tiere pro Jahr, die für den Betrieb wirtschaftlich uninteressant sind. Somit wird diese Anlage vermutlich ein Großproduzent sogenannter „Wegwerfkälber“ werden.
Ina Müller-Arnke, Nutztierexpertin bei VIER PFOTEN:
"Ein weiterer Punkt ist die Betreuung der Kälber in den ersten Lebenstagen. Das im Ausland unter Landwirten verbreitete „Kälber-Drenchen“ findet auch in Deutschland immer mehr Zulauf. Hierbei geht es darum, saugschwachen Kälbern mittels eines Plastikschlauches die Biestmilch (Erstkolostrum)zu verabreichen.“

Im Tierschutzgesetz darf diese Methode nur bei Feststellung einer für das Kalb lebensbedrohlichen Situation durchgeführt werden. Erlaubt ist jedoch, dass dies auch von einem Tierhalter oder Tierbetreuer durchgeführt wird, der keine entsprechende Ausbildung hat. In der Praxis zeigen sich immer wieder verheerende Zustände: Kälber mit massiven Lungenentzündungen oder Kälber, die ersticken, weil Milch in die Lunge gelaufen ist. Laut Aussage des Antragstellers würde diese Methode nicht zum Einsatz kommen.

Fazit Pöpken und Müller-Arnke:
"Anhand der Tagesordnungspunkte war schnell sichtbar, dass den Tieren in diesem Verfahren eine untergeordnete Rolle zukommt. Wir konnten bis zum frühen Abend unsere Bedenken zum Tierschutz nicht vorbringen, da dieser Punkt ganz zum Schluss behandelt wurde. Erst um 17:30 hat man sich noch eine knappe halbe Stunde Zeit für den Tierschutz genommen, dies ist mehr als enttäuschend.“

PROVIEH und VIER PFOTEN werden die weitere Entwicklung des Genehmigungsverfahrens intensiv begleiten und mit weiteren Mitstreitern aus Natur- und Umweltschutz den Bau dieser Anlage zu verhindern suchen.

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