Sofortige
Überprüfung aller Diesel-Pkw-Modelle in Europa nicht nur von VW und
Audi jetzt notwendig – Obamas Umweltbehörde EPA beschreibt
in der sechsseitigen Anklageschrift detailliert den von Volkswagen und
Audi eingesetzten, illegalen Mechanismus zur Abschaltung der
Diesel-Abgasreinigung im Realbetrieb – DUH veröffentlicht das ‘Notice of
Violation‘ Schreiben der Washingtoner EPA – VW-Aufsichtsrat
soll an diesem Freitag lückenlos offenlegen, welche weiteren in den USA
und in Europa verkauften Pkw-Modelle mit ‘Abschalteinrichtungen‘
versehen sind – DUH sieht Tatbestand der ‘vorsätzlichen
Körperverletzung‘ erfüllt, da die betroffenen Fahrzeuge absichtlich
bis zu 40 mal mehr hochgiftige Diesel-Abgasgifte emittierten als
erlaubt – Anzahl der hoch emittierenden Diesel-Pkw geht in Europa in die
Millionen, da Abschalteinrichtungen mangels behördlicher Kontrollen
auch von anderen Diesel-Pkw-Herstellern wie BMW, Daimler,
Ford und Opel eingesetzt werden
Berlin, 21.9.2015:
Die von Volkswagen und Audi seit dem 3. September 2015 in den USA
zugegebenen illegalen
‘Abschalteinrichtungen‘ der Abgasreinigung bei 482.000 Diesel-Pkw
erfüllen nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) den Tatbestand der
‘vorsätzlichen Körperverletzung‘. Die DUH fordert daher den Rücktritt
des VW-Vorstandschefs Martin Winterkorn und bei
der VW-Aufsichtsratssitzung am Freitag eine lückenlose Offenlegung,
welche weiteren Diesel-Pkw für den US- bzw. europäischen Markt über
vergleichbare Abschalteinrichtungen verfügen.
„VW
und Audi wissen, dass ihre Fahrzeuge in den USA und in Europa in
Gebieten mit hoher Luftbelastung eingesetzt werden und die jeweils
geltenden strengen Grenzwerte einhalten
müssen. Beide Unternehmen wissen zudem, was passiert, wenn bei einem
modernen Dieselmotor die Abgasreinigung faktisch abgeschaltet wird: Die
giftigen Stickoxid-Emissionen explodieren geradezu um ein Zig-faches.
Eigentlich müsste dann die OBD (On-board-Diagnose)
eine Fehlfunktion anzeigen und das Fahrzeug in den Alarmmodus
(Kriechfahrt zur nächsten Werkstatt) versetzen. Um dies zu umgehen,
haben die Ingenieure von VW und Audi auch gleich noch die Software der
OBD manipuliert, so dass diese keine Fehlfunktion des Abgaskatalysators
anzeigt“, so
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Auch
andere Autohersteller wie BMW, Daimler, Opel und Ford setzen nach
Einschätzung der DUH insbesondere in Europa ‘Abschalteinrichtungen‘ bei
der Abgasreinigung ein, um noch
mehr Leistung aus den Motoren herauszuholen. Die fatale, bewusst in
Kauf genommene Folge ist die rechtswidrige Nichteinhaltung der in
Euro-Klassen definierten Abgasgrenzwerte und die fortgesetzte Vergiftung
der Atemluft in unseren Städten insbesondere mit
dem Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2). Die daraus resultierenden
anhaltend hohen NO2-Werte in deutschen Städten haben im Juni 2015 zur
Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens der EU gegen Deutschland
geführt.
Während
die deutsche Bundesregierung seit Jahren von der DUH über solche
Abschalteinrichtungen informiert ist, die zuständigen Ministerien jedoch
die bis zu 25-fache Überschreitung
von Abgasgrenzwerten als ‘rechtmäßig‘ verteidigen und Nachprüfungen bis
heute verweigern, zeigen uns die Nachkontrollen der amerikanischen
Umweltbehörde EPA, dass es durchaus möglich ist, Umweltgesetze auch bei
der Automobilindustrie durchzusetzen.
„Mit
welch krimineller Energie Volkswagen und Audi seit 2009 seine Kunden
betrügt und die öffentliche Gesundheit gefährdet, offenbart die auch für
Europa richtungsweisende
Untersuchung in den USA. Warum hören wir nichts von Verkehrsminister
Dobrindt und Umweltministerin Hendricks? Die deutschen Kontrollbehörden
heißen Kraftfahrtbundesamt und Umweltbundesamt. Letzteres wäre auch
neutral genug, eigene Untersuchungen durchzuführen“,
so Resch weiter.
In der sechsseitigen Anklageschrift (‘Notice of Violation‘)
vom 18.9.2015 legt die Washingtoner EPA offen, mit welchen illegalen
Tricks VW und Audi gearbeitet und wie
sie während der einjährigen offiziellen Untersuchung die Behörden
fortwährend falsch informiert haben (Auszüge siehe Hintergrund am Ende
der Pressemitteilung).
Seit
zehn Jahren werden die Grenzwerte für das besonders
gesundheitsgefährdende Dieselabgasgift Stickstoffdioxid in der Atemluft
deutscher Städte massiv überschritten. Dennoch
werden auf Druck der Autoindustrie bis heute keine ausreichend
wirksamen Maßnahmen ergriffen. In dem der DUH vorliegenden Schreiben der
EU-Kommission vom 18.6.2015 zur Einleitung eines
Vertragsverletzungsverfahrens kritisiert die EU-Kommission massiv das
Eintreten
Deutschlands für schmutzige Diesel-Pkw und den Widerstand gegen
schnelle Kontrollen der tatsächlichen Dieselabgasemissionen durch die
deutsche Bundesregierung.
Wie
in den USA, so regeln auch in Deutschland bzw. Europa eigentlich die
Verordnungen (EG) Nr. 715/2007 und 692/2008, dass die Abgasgrenzwerte
nicht nur auf dem Prüfstand, sondern
auch im Normalbetrieb eingehalten werden müssen. Die Verwendung von
‘Abschalteinrichtungen‘ wie sie gerade in den USA VW und Audi
zweifelsfrei nachgewiesen wurde, ist auch in Europa ausdrücklich
verboten. Als Verstoß gilt zudem die Abgabe falscher Erklärungen
bei Genehmigungsverfahren und Verfälschung von Prüfzeugnissen.
Deutschland ist außerdem bei festgestellten Verstößen verpflichtet,
Sanktionen festzulegen. Diese müssen „wirksam, verhältnismäßig und
abschreckend“ sein – so wie dies uns Kalifornien vormacht.
Schließlich ist die Übereinstimmung der in Betrieb befindlichen
Fahrzeuge mit dem gemessenen Testfahrzeug nachzuweisen. Die
Funktionsfähigkeit der emissionsmindernden Einrichtung muss schließlich
während der normalen Lebensdauer der Fahrzeuge bei normaler
Nutzung gegeben sein.
Hintergrund:
Auszüge aus der Anlageschrift (Notice of Violation) der Washingtoner EPA vom 18.9.2015 an VW und Audi:
Seit
Mai 2014 lagen der Umweltbehörde konkrete Messungen zu hoher Abgaswerte
eines VW Jetta (2012er) und eines Passat (2013er) vor.
In der Anhörung von Volkswagen gaben sich diese völlig ahnungslos („VW continued to assert to CARB and the EPA that the increased emissions from these vehicles could be attributed
to various technical issues and unexpected in-use conditions.“). Nach
einem freiwilligen Rückruf durch VW im Dezember 2014 führte die
Umweltbehörde Vergleichsmessungen im Prüflabor und
auf der Straße durch und stellte fest, dass weiterhin die massiven
Überschreitungen auf der Straße fortbestehen, ohne dass diese im
Fahrzeug angezeigt werden („the vehicles' on board diagnostic system was not detecting the increased emissions“).
Doch
alle von VW eingereichten Erklärungen für dieses abnorme Verhalten
konnten die Behörden nicht überzeugen. Erst als die Behörden androhten,
die Zulassung neuer VW- und Audi-
Modelle in den USA zu untersagen, gab der Wolfsburger Konzern zu,
illegale Software installiert zu haben („None of the potential
technical issues suggested by VW explained the higher test results
consistently confirmed during CARB' s testing.
It
became clear that CARB and the EPA would not approve certificates of
conformity for VW's 2016 model year diesel vehicles until VW could
adequately explain the anomalous
emissions and ensure the agencies that the 2016 model year vehicles
would not have similar issues. Only then did VW admit it had designed
and installed a defeat device in these vehicles in the form of a
sophisticated software algorithm that detected when a
vehicle was undergoing emissions testing.”).
Präzise
beschreibt die EPA in diesem Schriftsatz den von VW/Audi raffiniert
programmierten Algorithmus, der erkennt, wann das Fahrzeug getestet
wird. Nur dann, so die EPA, schaltet
die Abgasreinigung in einen „On“ Zustand. Auf der Straße im realen
Fahrbetrieb wird die Abgasreinigung abgeschaltet.
("Specifically,
VW manufactured and installed software in the electronic control module
(ECM) of these vehicles that sensed when the vehicle was being tested
for compliance
with EPA emission standards. For ease of reference, the EPA is calling
this the "switch." The "switch" senses whether the vehicle is being
tested or not based on various inputs including the position of the
steering wheel, vehicle speed, the duration of the
engine’s operation, and barometric pressure. These inputs precisely
track the parameters of the federal test procedure used for emission
testing for EPA certification purposes. During EPA emission testing, the
vehicles' ECM ran software which produced compliant
emission results under an ECM calibration that VW referred to as the
"dyno calibration" (referring to the equipment used in emissions
testing, called a dynamometer). At all other times during normal vehicle
operation, the "switch’ was activated and the vehicle
ECM software ran a separate "road calibration" which reduced the
effectiveness of the emission control system (specifically the selective
catalytic reduction or the lean Ox trap). As a result, emissions of Ox
increased by a factor of 10 to 40 times above the
EPA compliant levels, depending on the type of drive cycle (e.g., city,
highway). … VW knew or should have known that its "road calibration·'
and "switch” together bypass, defeat, or render inoperative elements of
the vehicle design related to compliance with
the CAA emission standards. This is apparent given the design of these
defeat devices. As described above, the software was designed to track
the parameters of the federal test procedure and cause emission control
systems to underperform when the software
determined that the vehicle was not undergoing the federal test
procedure.”).
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