Aachen (ots) - Die Tatsache ist nicht neu: Das deutsche Bildungssystem steckt in der Krise. Das Abitur nach acht Jahren Gymnasium verschärft diese Lage noch, sagt die Aachener Oberstudienrätin Doro May. In ihrem neuen Buch "Gibt es ein Leben vor dem Abi?" verrät die erfahrene Lehrerin auch illegale Guerilla-Tricks von Schülern für Schüler. Pfuschen als Ausweg aus dem G8-Dilemma? Mit dieser Frage sollen sich die Kultusministerien und Schulbehörden beschäftigen, fordert die langjährige Lehrerin. Auch sei eine kritische Prüfung der Lehrpläne auf die Ansprüche der beruflichen Zukunft in der heutigen Welt nötig. Neben ihrer Bestandsaufnahme gibt Doro May aber auch legale Tipps, die als Chance gegen die Leistungsfalle G8 genutzt werden können. Der Leistungsdruck durch zu viele Unterrichtsfächer und lange Schultage bringt Schüler nicht selten zum Kollaps: "Das Gymnasium spiegelt mit einer oft mehr als 40-Stundenwoche unsere Leistungsgesellschaft wider - für Schüler, wohlgemerkt. Und denen erschließt sich meist nicht der Sinn dessen, was sie da stupide abspeichern sollen. Das gestopfte Wissen bleibt nur bis zur nächsten Klausur haften, Hausaufgaben sind nicht zu schaffen: Zu müde, Lustlosigkeit, Burn Out. Früher war das eine Managerkrankheit", sagt die Lehrerin.
Auch die Lehrerkollegen sprühen spätestens ab der 8. Stunde nicht mehr vor Enthusiasmus. "Vor allem die jungen Lehrer/innen, denen noch Erfahrung und Routine fehlen, sind oft am Ende ihrer Kräfte. Das verschärft die Lage zusätzlich", so May. Das gerne kolportierte Bild des faulen Schülers sei an der Realität vorbei - zumindest am Gymnasium: "Zahlreiche Kinder stehen heute unter dem Druck, auf jeden Fall das Abitur haben zu müssen. Hohe NC-Beschränkungen machen das Wunschstudium zur Herausforderung. Dazu kommt, dass man im Grunde am Gymnasium immer noch stillschweigend vom funktionierenden Schüler ausgeht. Dabei müssen die Kinder und Jugendlichen oft viel wegstecken, weil eben nicht jede Patchwork-Familie lustig ist und sie es auch nicht unbedingt toll finden, dass Mutter Nummer 2 mit den neuen Halbgeschwistern zu Vater Nummer 3 zieht - und zwar weit weg."
"Das Schulwesen mit seinem Zuviel bedarf einer dringenden Überholung und Anpassung an die Kinder und heutigen Herausforderungen im Leben und an den Universitäten. Weniger Unterrichtsfächer zur gleichen Zeit und damit ein höheres Niveau sollte die Devise sein. Dazu Unterricht mit motivierten Lehrern, die in kleineren Klassen und mit weniger Pflichtstunden ihre Schüler und Schülerinnen kennenlernen können, wäre schon mal ein Anfang", sagt Doro May. Neben ihrer reduzierten Stelle an einem Aachener Gymnasium hat die Autorin in ihrer anderen Berufshälfte in den vergangenen Jahren zehn Bücher veröffentlicht. Die kritische Auseinandersetzung mit dem Schulsystem liegt ihr besonders am Herzen, um die Erfahrungen der letzten Jahre weiterzugeben. Nach 15 Erfolgsjahren beendete Doro May auch die Tätigkeit als Initiatorin und Regisseurin des renommierten Schul-Kabaretts "Zeitgeist" - denn "wann sollen die Jugendlichen so etwas noch schaffen?", fragt die Lehrerin.
Weitere Informationen:
www.doromay.de
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