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Vorsorgen statt sanieren, um Altlasten in Zukunft zu vermeiden
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Rückstände von Arzneimitteln, Pflanzenschutzmitteln, Bioziden
und anderen Chemikalien können schon in geringen Konzentrationen
nachteilige Wirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit
haben. Diese Mikroverunreinigungen werden nicht zuletzt dank
verfeinerter Analyseverfahren zunehmend in unseren Gewässern
nachgewiesen. Daher schlägt das Umweltbundesamt (UBA) nun ein
Maßnahmenpaket vor, um Stoffeinträge in die Gewässer zu minimieren.
Langlebige Stoffe, die in die Gewässer gelangen, führen dort oft
jahrzehntelang zu Problemen. Beispiele aus der Vergangenheit sind
Tributylzinnverbindungen (TBT, aus bioziden Bootsanstrichen),
Perfluoroktansulfonsäure (PFOS, aus Löschschäumen und Galvanikbädern)
oder Diuron (aus Pflanzenschutzmitteln). Gegenwärtig werden in Gewässern
zunehmend Arzneimittelwirkstoffe wie Diclofenac und Ibuprofen gemessen.
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Bei der Herstellung, Verarbeitung,
Verwendung und Entsorgung von Chemikalien können diese als
Mikroverunreinigungen auf verschiedenen Wegen in das Grundwasser, die
Flüsse, die Seen und die Meere gelangen: Durch Abwässer aus Kläranlagen,
Abschwemmung aus Böden, Auswaschung über Niederschläge, Versickerung
oder Direktanwendung im Gewässer. Das Umweltbundesamt hat die
Eintragspfade analysiert, kritische Stoffeigenschaften benannt und
Handlungsempfehlungen abgeleitet
. Es zeigt sich: Nur eine Kombination von Maßnahmen bei der
Herstellung, bei den Verwendungen und der Abwasserbehandlung kann einen
umfassenden Schutz bewirken.
Arzneimittel:
Für eine wirksame Kontrolle bei der Zulassung müssen die
herstellenden Unternehmen alle Umweltdaten für eine Stoffbewertung
offenlegen. Dies gilt auch für Arzneimittelwirkstoffe, die bereits lange
auf dem Markt sind. Zudem sollte die Forschung zu umweltverträglichen
Wirkstoffen verstärkt werden. Tierarzneimittelwirkstoffe mit schädlichen
Umwelteigenschaften (persistent, bioakkumulierend, toxisch) sollten
generell nicht zugelassen werden. Ärztinnen und Ärzte sowie
Apothekerinnen und Apotheker müssen besser über die Umweltaspekte von
Arzneimitteln informiert werden. Auch Patientinnen und Patienten müssen
besser aufgeklärt werden: Wer Arzneimittel entsorgt, sollte dies nie
über Spüle und Toilette tun.
Pflanzenschutzmittel (PSM):
Insgesamt sollten deutlich weniger chemische
Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Dafür müssen der Ökolandbau
ausgebaut und vorsorgende Maßnahmen im konventionellen Anbau, z.B. eine
erweiterte Fruchtfolge, umgesetzt werden. Um Einträge in Gewässer bei
und nach der Ausbringung zu minimieren, sollten dauerhaft bewachsene
Gewässerrandstreifen entlang der Flüsse und Bäche angelegt werden, auf
denen der Einsatz von PSM verboten ist. Bei der Ausbringung von
Pflanzenschutzmitteln sollte Technik zum Einsatz kommen, die eine
möglichst zielgenaue, verlustfreie und saubere Ausbringung
gewährleistet.
Biozide (Mittel zur Schädlingsbekämpfung, Desinfektion und zum Materialschutz):
Generell sollte der Einsatz von Bioziden auf das notwendige
Maß minimiert werden. Einzelne Anwendungsbeschränkungen und Auflagen bei
der Zulassung von Bioziden reichen nicht aus. Zusätzlich müssen
belastbare Daten zu den Verkaufs- und Verwendungsmengen erhoben,
Umweltbelastungen systematisch überwacht sowie übergreifende Vorgaben
für den umwelt- und sachgerechten Gebrauch von Bioziden erlassen werden.
Abwasser:
Da viele der vorgeschlagenen Maßnahmen einen längeren Vorlauf
brauchen und nicht alle Einträge von Mikroverunreinigungen verhindern
können, muss auch bei der Abwasseraufbereitung angesetzt werden.
Chemikalien aus verschiedenen Anwendungen gelangen in die kommunalen
Kläranlagen. Mit einer vierten Reinigungsstufe könnte deren Eintrag in
die Gewässer effizient reduziert werden.
UBA
-Schätzungen gehen von Mehrkosten von durchschnittlich 16 Euro pro
Person und Jahr für den Ausbau der großen Kläranlagen in Deutschland
aus.
Über die Finanzierung und Umsetzung der vom Umweltbundesamt empfohlenen
Maßnahmen ist eine gesellschaftliche Debatte nötig. Der vom
Umweltministerium initiierte und vom Umweltbundesamt fachlich begleitete
„Stakeholderdialog Spurenstoffe“ stellt hierfür eine geeignete
Plattform dar. Dabei muss allen klar sein: Die Stoffeinträge von heute
können morgen teure Altlasten werden.
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