Maschinenstürmerei des 21. Jahrhunderts
Von jedem Arbeitnehmer wird
Flexibilität verlangt: verschiedenartige Tätigkeiten, Wohnortwechsel,
lebenslanges Lernen etc.
Wie steht es in dieser Hinsicht mit
den Energiekonzernen? - Neue überlegene Technologien stehen zur Verfügung. Ohne
Brennstoffe, ohne Klimaschädigung und mit nur minimaler Umweltbelastung kann
Sonnenlicht, Wind und bewegtes Wasser direkt in elektrischen Strom verwandelt
werden. Anstatt diese epochal neuen und dringend benötigten Möglichkeiten
aufzugreifen, halten die Konzerne an veralteten Techniken fest. Lediglich
zusammen 6% tragen die „Großen 4“ zur Stromerzeugung aus regenerativen Quellen
bei.
So nutzen andere die neuen Chancen:
Bürger, Genossenschaften, kleine und mittlere Firmen, kommunale Stadtwerke. Was
die Konzerne vor nicht langer Zeit noch belächelten, mausert sich zu einer
Konkurrenz, die ihnen den Schweiß auf die Stirn treibt: Die Energien, die Sonne
und Wind kostenlos zur Verfügung stellen, senken die Preise an der Strombörse
bereits derart, dass fossile Kraftwerke an ihre Rentabilitätsgrenze stoßen.
Wie die „Badische Zeitung“ heute
berichtet (das DIW bereits in seinem Wochenbericht 29/2013 vom Juli) verlangt
der französische Energiekonzern „Electricitée de France“ (EdF) für ein in
England geplantes Kernkraftwerk eine staatlich garantierte Einspeisevergütung
von 11,5 Cent pro Kilowattstunde. Zum Vergleich: Neue Solaranlagen mit einer
Leistung ab einem Megawatt erhalten in Deutschland aktuell eine Vergütung von
10,25 Cent. Ab 1. Oktober wird der Satz unter zehn Cent fallen. Während die
Einspeisevergütungen nach dem deutschen EEG für 20 Jahre gelten und in dieser
Zeit unverändert bleiben, verlangt EdF eine Garantie für 35 Jahre und zusätzlich
einen Inflationsausgleich. Nur so würde sich der geplante Meiler rechnen.
Onshore-Windkraft ist bekanntlich
noch günstiger als Solarstrom. Wenn die Erneuerbaren als Preistreiber
hingestellt werden, ist dies also eine reine Verkehrung der Tatsachen.
Preistreiber sind nicht die Erneuerbaren Energien, sondern diejenigen Versorger,
die den Strom an der Börse billig einkaufen, den Vorteil aber nicht an ihre
Kunden weitergeben. Dass es auch anders geht, demonstriert Energiedienstleister
Care-Energy, der seinen derzeit ca. 250.000 Kunden zertifizierten Strom aus
regenerativer Erzeugung für unter 20 Cent pro KWh liefert.
Dass fossilen oder atomaren
Kraftwerken im Moment überhaupt noch eine Existenzberechtigung zugesprochen
werden kann, beruht lediglich darauf, dass für die Wechselhaftigkeit von Wind
und Sonne ein Ausgleich benötigt wird. - Doch bekanntlich eignen sich
Großkraftwerke wegen mangelnder Flexibilität hierfür nur denkbar schlecht.
Intelligentes Netzmanagement und Speicherung sind die einer Vollversorgung durch
erneuerbaren Strom adäquaten Ausgleichsmethoden.
Während für eher kurzzeitige
Speicherung und Stabilisierung der Netzfrequenz auch Batteriesysteme in Frage
kommen, bietet sich für die Langzeitspeicherung insbesondere die „Power to
Gas“-Technik an: Per Elektrolyse mit überschüssigem Wind- und Sonnenstrom wird
Wasserstoff hergestellt. Dieser kann entweder direkt - oder durch Verbindung mit
CO2 methanisiert - per Gasgeneratoren in Strom zurückverwandelt werden.
Geschieht dies mit Kraft-Wärme-Kopplung, wird bereits heute ein Wirkungsgrad von
50% erreicht.
Noch steht diese Technik am Anfang
ihrer Entwicklung. Die Deutsche Netzagentur (dena) beabsichtigt jedoch, bis zum
Jahr 2022 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 1000 MW zu errichten für
Gesamtkosten von 1,7 Mrd. Euro (Pressemitteilung vom 18.06. 2013). - (Zum
Vergleich: das von der MIBRAG gewünschte Kohlekraftwerk mit 600 MW würde 1,3
Mrd. kosten.) Die Firma „Etogas“ (vormals „solar fuel“), die kürzlich eine 6
MW-Anlage für Audi fertigstellte, kündigt den Bau von Anlagen in der
Größenordnung von 25 MW und zu wirtschaftlichen Kosten für die nächsten Jahre
an.
Man könnte meinen, dass die Konzerne
hier ein neues und zukunftsfähiges Arbeitsfeld für sich entdecken würden. Doch
nein. Abgesehen von einigen, die sich unter den Partner-Firmen des
dena-Vorhabens eingereiht haben, halten sie sich zurück. - Offensichtlich machen
sie sich das Motto „Schuster bleib bei deinem Leisten“ zu eigen, was in diesem
Fall bedeutet: weiter Kohle verbrennen.
Dieses beinhaltet auch: Hexenjagd
gegen das Neue! Noch haben die Konzerne Einfluss und Macht, um Teile der Politik
und der Medien zur Bremsung durch Falschdarstellung der Erneuerbaren
aufzustacheln. Ihre Bemühungen erinnern an die Maschinenstürmer im frühen 19.
Jahrhundert, die, benachteiligt durch die damalige von der Dampfmaschine
ausgelöste 1. Energiewende, das Neue mit dem Hammer aufhalten wollten. - Ebenso
wenig wie es damals gelang, wird jedoch auch heute die neue und überlegene
Technik von vergangenheitsorientierten Gruppen aufgehalten werden können.
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