29. Juni 2019

Novelle des Elektrogesetzes: Deutsche Umwelthilfe fordert bessere Sammlung, mehr Reparatur, Wiederverwendung und Recycling


Deutschlands aktuelle Sammelquote für Elektroschrott liegt mit nur 45 Prozent weit hinter dem von der EU vorgegebenen Ziel von 65 Prozent – Politik muss Handel und Hersteller zur flächendeckenden Rücknahme und Veröffentlichung von Sammelquoten verpflichten – Reparatur und Wiederverwendung müssen gefördert werden – Stopp illegaler Importe von Elektrogeräten über Amazon & Co. – Entsorgungsnotstand bei Kühlgeräten beenden

Berlin, 28.6.2019: Seit 14 Jahren regelt das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) in Deutschland die Entsorgung ausgedienter Elektrogeräte. Nach Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) bleibt das Gesetz im Kampf gegen immer kurzlebigere Elektrogeräte, wachsende Schrottberge und illegale Entsorgung weitestgehend wirkungslos. Zur anstehenden Novelle des ElektroG veröffentlicht die DUH einen Maßnahmenplan zur Lösung des Elektroschrottproblems.

Der Umwelt- und Verbraucherschutzverband fordert von Bundesumweltministerin Svenja Schulze gesetzliche Mindeststandards zum Ökodesign, eine flächendeckende Rücknahme ausgedienter Elektrogeräte durch den Handel, eine grundsätzliche Prüfung auf Wiederverwendbarkeit sowie eine Quote von 15 Prozent zur erneuten Nutzung alter Geräte. Zudem muss die illegale Inverkehrbringung von Elektrogeräten im Onlinehandel durch eine Haftung der Verkaufsplattformen gestoppt und das Recycling besonders klimaschädlicher Kühlgeräte mit FCKW durch die Festlegung vorbildlicher europäischer Entsorgungsstandards im Elektrogesetz verbessert werden.

„Umweltministerin Svenja Schulze und ihre Vorgänger haben beim Problem mit dem Elektroschrott versagt. Immer kurzlebigere Geräte führen zu immer größeren Elektroschrottbergen, aber gleichzeitig werden viel zu wenig Altgeräte für eine Wiederverwendung oder ein Recycling gesammelt. Nachdem Deutschland selbst das besonders niedrige europäische Sammelziel von 45 Prozent für 2016 verfehlt hat, ist bereits jetzt klar, dass das Sammelziel von 65 Prozent für 2019 nicht erreicht werden wird. Im Ergebnis werden in Deutschland mehr als 900.000 Tonnen Elektroschrott illegal und unsachgemäß entsorgt. Um überhaupt in die Nähe des gesetzlichen Sammelziels zu kommen, muss die Rücknahmeverpflichtung des Handels ausgeweitet und eine Flächendeckung erreicht werden“, sagt Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der DUH.

Bislang müssen Händler Elektrogeräte mit einer Kantenlänge kleiner 20 Zentimeter nur dann zurücknehmen, wenn sie Elektrogeräte auf einer Fläche von mindestens 400 Quadratmetern verkaufen. Da Elektrogeräte jedoch zumeist an verschiedenen Stellen im Laden angeboten werden, ist die Verkaufsfläche für Elektrogeräte kaum überprüfbar. Discounter sind bislang nicht zur Rücknahme verpflichtet. Sie verkaufen zwar viel Elektrowaren, aber auf einer kleineren Geräteverkaufsfläche als 400 Quadratmeter. Die DUH fordert, dass Händler mit einer Gesamtverkaufsfläche von mindestens 100 Quadratmetern zukünftig Altgeräte zurücknehmen müssen und zwar unabhängig vom Verkauf eines neuen Geräts. Dadurch wird eine Flächendeckung der Rücknahme im Handel erreicht, Discounter mit umfasst und ein funktionierender Vollzug ermöglicht.

Von der DUH durchgeführte Testbesuche ergeben, dass Verbraucher häufig unzureichend oder gar nicht über die Rückgabemöglichkeit alter Elektrogeräte im Handel informiert sind und ihnen die Rückgabe unnötig erschwert wird, selbst wenn Händler offiziell die Geräte zurücknehmen müssen. „Die Informationspflichten im Elektrogesetz sollten konkretisiert und Verstöße als Ordnungswidrigkeit eingestuft werden. Auch sollte jeder Händler zur Einhaltung der gesetzlichen Sammelquote und zur Veröffentlichung seines Sammelergebnisses verpflichtet werden“, fordert Metz.

Zudem fordert die DUH, dass die Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit von Elektrogeräten durch verbindliche Standards verbessert werden. „Elektrogeräte müssen reparaturfähig und langlebig sein, um Umweltbelastungen zu vermeiden. Doch das Gegenteil ist der Fall und das Elektrogesetz setzt dem bislang nichts entgegen", sagt der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer. „Wir erwarten von Ministerin Schulze die Festschreibung verbindlicher Standards zum Ökodesign. Produkteigenschaften wie Haltbarkeit, Reparierbarkeit, Recyclingfähigkeit und der Einsatz von Recyclingmaterialien müssen verbindlich festgelegt und im Markt zur Regel werden.“

Die Wiederverwendung von Elektrogeräten spielt bislang eine untergeordnete Rolle, obwohl hier das größte Potential besteht, um die Umwelt zu entlasten. Im Jahr 2016 wurden lediglich 1,5 Prozent der gesammelten Elektroaltgeräte zur Wiederverwendung aufbereitet. Damit mehr Geräte erneut genutzt werden, sollten 15 Prozent der zurückgenommenen Geräte verpflichtend für eine Wiederverwendung vorbereitet werden. Grundsätzlich sollten jedoch alle Altgeräte auf die Möglichkeit zur Wiederverwendung geprüft werden. Hierzu muss jedoch das bislang im Elektrogesetz enthaltene Separierungsverbot beendet werden, um Altgeräte zum Zweck der Wiederverwendung überhaupt separieren zu können. Gebrauchte Produkte sollten mit einem erniedrigten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent besteuert werden, um einen finanziellen Anreiz zur Wiederverwendung zu bieten.

Der Online-Handel boomt und mit ihm der illegale Verkauf von Elektrogeräten. Vor allem über große Onlinehandelsplattformen wie Amazon, Ebay oder Alibaba wird importierte Ware in Verkehr gebracht, die nicht ordnungsgemäß zur Entsorgung angemeldet wurde. Das Problem sind nicht nur illegal umgangene Entsorgungskosten, sondern häufig handelt es sich um Produkte mit einer minderwertigen Qualität, einer kurzen Lebensdauer und erhöhten Schadstoffgehalten. „Illegale Angebote können von vorneherein vermieden werden, indem Verkaufsportale wie Amazon nur Angebote registrierter Hersteller zulassen. Online-Verkaufsplattformen, die dennoch das Angebot illegal importierter Elektrogeräte tolerieren, sollten rechtlich an die Stelle des Inverkehrbringers treten. So können Verbraucher, Behörden und betroffene Wettbewerber zukünftig gegen Gesetzesverstöße vorgehen“, sagt Fischer.

Ein weiteres Problem, dass mit der Novelle des Elektrogesetzes gelöst werden sollte, ist die Entsorgung von Kühlgeräten. Viele der in Deutschland anfallenden Kühlgeräte enthalten noch immer stark klimawirksame Gase, wie FCKW. Zentrales Problem der deutschen Gesetzeslage ist, dass Vorgaben für Mindestentnahmemengen von FCKW fehlen und nur unzureichende Anlagenüberprüfungen stattfinden. Um dies zu ändern, fordert die DUH die verbindliche Festlegung der vorbildlichen europäischen Kühlgeräteentsorgungsnormen EN 50625-2-3 und TS 50625-3-4 (CENELEC-Standards) im Elektrogesetz oder der geplanten Behandlungsverordnung, jedoch nicht wie bisher in der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft). Als Verwaltungsvorschrift gilt diese erst nach fünf Jahren für Altanlagen und ermöglicht es den lokalen Behörden Ausnahmen zu erlassen.
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