Hamburg, 28. Juni 2019 – Die
Fixierung von Sauen in körpergroßen Metallkäfigen, die sogenannte
Kastenstandhaltung, verstößt gegen das Tierschutzgesetz und ist
verfassungswidrig. Im Referentenentwurf des Bundesministeriums für
Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wird versucht, den Kastenstand bis
auf weiteres zu legitimieren. Die internationale Tierschutzstiftung VIER
PFOTEN, der Deutsche Tierschutzbund e.V., der Bundesverband Tierschutz
e.V., PROVIEH e.V., der Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V. sowie der
Bundesverband Menschen für Tierrechte e.V. haben heute ihre
Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMEL zur Änderung der
Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung eingereicht. Darin lehnen die
unterzeichnenden Organisationen den Entwurf strikt ab. Er ist in
mehrfacher Hinsicht rechtswidrig und ein juristischer Skandal.
Die Hamburger Rechtsanwältin Dr. Davina Bruhn hat sich im Auftrag von VIER PFOTEN
eingehend mit dem Entwurf beschäftigt und eine Kurzexpertise erstellt,
welche belegt, dass die bestehende Kastenstandhaltung sowie die geplante
Neuregelung gegen das Tierschutzgesetz verstoßen und verfassungswidrig
sind: „Man kann die Vorgehensweise des BMEL als geradezu perfide
bezeichnen: Eine Haltungspraxis, die seit Jahren gegen die
Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung verstößt, soll nun durch eine
Änderung der Verordnung für die nächsten 15-17 Jahre legalisiert werden.
Der Kastenstand ist verfassungswidrig und gehört abgeschafft. Insgesamt
ist der Referentenentwurf in der jetzigen Form als Verstoß gegen das
Tierschutzgesetz und die Verfassung zu bewerten.“
Entwurf zur Neuregelung der Sauenhaltung ist ungenügend und rechtswidrig
Die
mangelhafte Haltungsverordnung für Schweine besagt bereits seit 1988,
dass die Tiere zumindest ein Recht darauf haben, mit ausgestreckten
Beinen ruhen zu können. Halter sollten in einer Übergangsfrist bis
spätestens 1992 dafür sorgen, dass dies möglich ist – doch in den
vergangenen Jahrzehnten hat sich nichts getan. Zuletzt hatte das
Oberverwaltungsgericht Magdeburg in einem Gerichtsurteil im Jahr 2015
festgestellt, dass die üblichen Kastenstände nicht den Vorgaben der
Haltungsverordnung entsprechen und deshalb illegal sind. Statt nun
endlich die Behörden zu verpflichten, keine Kastenstände mehr zu
genehmigen, plant die Bundesregierung, den entscheidenden Nebensatz,
dass „jedes Schwein in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann“ aus
der Verordnung herauszustreichen, zugunsten der Agrarlobby. So wird aus
einem illegalen Zustand ein legaler Zustand gezaubert und ein
gesprochenes Gerichtsurteil nicht nur völlig ignoriert, sondern einfach
außer Kraft gesetzt – zur Verschlechterung für die Tiere. Dies ist ein
Verstoß gegen Artikel 20a Grundgesetz und das damit einhergehende
sogenannte Verschlechterungsverbot. Die illegalen Kastenstände sollen
für weitere 17 Jahre unverändert bestehen bleiben dürfen. Aber auch
danach sollen Kastenstände nicht abgeschafft werden, sondern mit einer
verkürzten Fixierdauer bis auf unbestimmte Zeit bestehen bleiben. Statt
jetzt die Weichen für eine tiergerechte und zukunftsfähige Sauenhaltung
zu stellen, setzt das BMEL auf minimale Kompromisslösungen, die aus
Tierschutzsicht eindeutig abzulehnen sind.
Rüdiger Jürgensen, Country Director bei VIER-PFOTEN Deutschland:
„Das Bundesministerium will den illegalen Kastenstand in Deutschland
nicht verbieten, sondern ihn massiv verlängern. Das ist skandalös, denn
die Pläne des BMEL sind rechtswidrig. Statt etwas zu verbessern, soll
die Verordnung zum Schlechteren für die Tiere umgeschrieben und
Wirtschaftlichkeit wieder einmal auf dem Rücken der Tiere ausgetragen
werden. Wir fordern alle Entscheidungsträger und insbesondere den
Bundesrat auf, den Entwurf abzulehnen.“
Eine
Stellungnahme zur Neuregelung des Kastenstandes sowie eine
Kurzexpertise von Dr. Davina Bruhn finden Sie im Anhang dieser
Pressemitteilung.
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