Berlin, 27. April 2016 – Mit Atommüll-Fässern und
Bannern protestieren AtomkraftgegnerInnen heute vor dem
Wirtschaftsministerium in Berlin gegen den Vorschlag der
Atom-Finanzkommission (KFK), die AKW-Betreiber aus der Haftung für den
größten Teil der Atommüll-Kosten zu entlassen. Mehr als 135.000 Menschen
fordern mit ihnen: „Keine halben Sachen – volle Haftung für
Atom-Konzerne“.
„Der Vorschlag der Atom-Finanzkommission ist ein
ausgesprochen schlechtes Geschäft für alle SteuerzahlerInnen“, so Jochen
Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt. „Nicht einmal
die Hälfte der Rückstellungen der Atom-Konzerne soll in einen
öffentlichen Fonds überführt werden. Dieser soll aber zwei Drittel der
Atom-Folgekosten übernehmen. Bei auch nur halbwegs realistischen
Annahmen zu den Zinserträgen wird das Fonds-Kapital dafür niemals
ausreichen – von der bei Projekten dieser Größenordnung zu erwartenden
Kostenexplosion einmal ganz abgesehen. Am Ende wird die Allgemeinheit
zig Milliarden Euro draufzahlen.“
Franziska Buch, Energiereferentin am Umweltinstitut
München, erklärt: „Die Kommission hat sich von den Energieversorgern
einlullen lassen. Der so genannte Risikoaufschlag ist nichts anderes als
eine lächerlich geringe Ablasszahlung der Unternehmen dafür, dass sie
aus der Haftung für die Atommüll-Lagerung entlassen werden und dadurch
ihre aktuelle Situation auf dem Kapitalmarkt verbessern. Machen die
Konzerne in Zukunft wieder nennenswerte Gewinne, lachen sie sich ins
Fäustchen, denn die finanzielle Verantwortung für ihren Müll wären sie
trotzdem los. So wird das Verursacherprinzip ausgehebelt und die
Gesellschaft zieht den Kürzeren.“
Das Umweltinstitut und .ausgestrahlt fordern
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf, sich nicht auf einen
solchen Kuhhandel einzulassen. Vielmehr müsse er dafür Sorge tragen,
dass weiterhin uneingeschränkt das Verursacherprinzip gilt: Wer Atommüll
produziert, muss auch für dessen jahrtausendelange Lagerung bezahlen.
Weiterhin fordern die Organisationen, das seit Monaten verschleppte
Nachhaftungsgesetz zu verbessern und endlich zu verabschieden.
„Lässt die Regierung dieses Schlupfloch weiterhin
offen, können die Konzerne ihre Haftungsmasse durch Umstrukturierungen
und Aufteilungen unbegrenzt verkleinern“, erklärt Jochen Stay. „Auf
diese Weise könnten sie am Ende selbst noch die Kosten für den Abriss
der AKW den SteuerzahlerInnen aufdrücken.“
„Um einen Zahlungsausfall zu verhindern, müssen die
Atom-Rückstellungen der Konzerne komplett in einen öffentlichen Fonds
überführt werden“, so Franziska Buch. „Die Einzahlungen in diesen Fonds
müssen zudem so hoch sein, dass auch bei realistisch niedrigen
Zinserträgen genügend Geld zusammenkommt, um die Atom-Folgekosten zu
begleichen. Sollten die AKW-Betreiber durch ihre Zahlungsverpflichtungen
an den Fonds tatsächlich in finanzielle Schwierigkeiten geraten, könnte
der Staat ihnen ein Ratenzahlungsmodell anbieten – vorausgesetzt, dass
sie die weitere Produktion von Atommüll stoppen.“
Hintergrund:
Die Kosten für den Abriss der AKW und die Lagerung
des Atommülls belaufen sich nach Angaben der AKW-Betreiber auf 47
Milliarden Euro – zu Preisen von 2014. Bis 2099 wächst diese Summe laut
„Stresstest“ des Bundeswirtschaftsministeriums durch Inflation und
nuklearspezifische Kostensteigerungen auf 182 Milliarden Euro an. Davon
entfällt voraussichtlich ein Drittel auf Abriss und Verpackung sowie
zwei Drittel auf Atommüll-Lagerung und -Transporte.
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