Verwaltungsgericht
Wiesbaden: Hessische Landesregierung muss effektive Maßnahmen zur
Luftreinhaltung ergreifen und Stickstoffdioxidbelastung
reduzieren
Berlin/Wiesbaden, 30.6.2015:
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat erneut zwei Gerichtsverfahren gegen
das Land Hessen wegen Überschreitung der Luftqualitätsgrenzwerte
gewonnen. Nach Wiesbaden und Darmstadt klagte der Umwelt- und
Verbraucherschutzverband wegen anhaltender Stickstoffdioxid-Belastung
(NO2) in Limburg an der Lahn und Offenbach. Die bisher ergriffenen
Maßnahmen, so die Auffassung der DUH, haben in beiden Städten die
Luftqualität nicht genügend verbessert und schützen die Gesundheit der
Einwohner nicht ausreichend. Seit dem 1. Januar 2010 gilt für
Stickstoffdioxid europaweit ein durchschnittlicher Jahresgrenzwert
von 40 µg/m3. Sowohl Limburg als auch Offenbach überschreiten diesen
seit 2010 konstant.
„Das
Hessische Umweltministerium darf den Kampf gegen die Luftbelastung
nicht länger auf die lange Bank schieben. Die Gesundheit der Bürgerinnen
und Bürger ist jetzt gefährdet.
Es ist nach deutschem und europäischem Recht inakzeptabel, Maßnahmen
vorzuschlagen, die erst in fünf oder zehn Jahren greifen“, sagt
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Die
Bundesregierung hat der EU-Kommission im November 2014 mitgeteilt, dass
mit einer Einhaltung des NO2-Immissionsgrenzwertes an den
Messstandorten nicht vor 2020 zu rechnen
ist. Eine Verlängerung zur Einhaltung dieser Frist bis 2015 hatte die
EU-Kommission dem Land Hessen aufgrund fehlender effektiver
Maßnahmenpläne aber nicht genehmigt. Mit einer Verzögerung von zehn
Jahren oder mehr, so die EU-Kommission, komme Deutschland
nicht der Pflicht nach, den Zeitraum der Grenzwertüberschreitung durch
geeignete Maßnahmen so kurz wie möglich zu halten. Im Juni 2015 hat die
EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren wegen anhaltender
Überschreitung der NO2-Grenzwerte gegen Deutschland
eingeleitet. Binnen zwei Monaten muss sich die Regierung dazu äußern.
Hauptursache
für die hohe Belastung mit NO2 sind die Emissionen aus dem
Verkehrssektor, in erster Linie von Diesel-Fahrzeugen. Zwar hat
Offenbach zum 1. Januar 2015 eine Umweltzone
eingeführt. In Limburg fehlt diese aber bislang. Aus Sicht der DUH sind
zahlreiche weitere Maßnahmen erforderlich, um die Luftqualität in
beiden Städten zu verbessern. Aus Sicht der Umwelt- und
Verbraucherschutzorganisation zählen dazu unter anderem die Ausstattung
der kommunalen Busflotten mit wirksamen NO2-Nachbehandlungssystemen,
Geschwindigkeitsbegrenzungen auf hochbelasteten Straßen sowie die
Ausweitung der Umweltzonenregelungen auf Fahrzeuge mit niedrigen
NO2-Emissionen.
Die
EU-Kommission bekräftigt, dass Maßnahmen, wie das Verbot von
Dieselfahrzeugen in städtischen Gebieten und die Förderung von Hybrid-
oder Elektroautos oder anderer Fahrzeuge,
die ohne Schadstoffausstoß betrieben werden können, einen wesentlichen
Beitrag zur Problemlösung leisten könnten. Die DUH hat in der
Vergangenheit wiederholt die Umsetzung von Luftreinhaltemaßnahmen
juristisch erstritten. Im September 2013 stärkte das
Bundesverwaltungsgericht
Leipzig die Klagebefugnis von Umweltschutzorganisationen und
ermöglichte ihnen, unzureichende Maßnahmen zur Luftreinhaltung
gerichtlich überprüfen zu lassen. Hintergrund war eine Klage der DUH
gegen das Land Hessen wegen anhaltender Luftschadstoffbelastung
in Darmstadt.
„Die
bisherigen Urteile gewähren ein Recht auf saubere Luft. Das
Umweltministerium kann sich nicht länger quer stellen und muss in allen
betroffenen hessischen Städten effektive
Maßnahmen zum Schutz von Umwelt und Gesundheit umsetzen“, sagt Rechtsanwalt
Remo Klinger von der Kanzlei Geulen & Klinger, der die Klage der DUH eingereicht hatte.