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Lüneburg / Hamburg, 8. November 2018
– Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat heute im
Berufungsverfahren beschlossen, dass Schimpanse Robby im Zirkus Belly
verbleiben muss und nicht an eine Auffangstation abgegeben werden kann.
Robby ist der letzte Menschenaffe in einem deutschen Zirkus. Die
Stiftung VIER PFOTEN zeigt sich enttäuscht über das Urteil. Sie
appelliert eindringlich an die Bundesregierung, endlich ein bundesweites
Wildtierverbot in Zirkussen zu erlassen.
Primatologin Dr. Signe Preuschoft von VIER PFOTEN International: „Wir
sind enttäuscht, dass das Gericht nun die Interpretation offen lässt,
ob ein Zirkus ein angemessenes Zuhause für einen Schimpansen sein kann.
Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass es Robby gut geht. Es
ehrt die Familie Köhler, dass sie um ihn gekämpft haben – nur leider
basiert ihre Einstellung auf einem kompletten Unverständnis der
Schimpansennatur. Nach einem Verfahren, dass sich über sechs Jahre
hinzog, bleibt dem Menschenaffen Robby ein artgemäßes Leben mit
Artgenossen nun leider verwehrt."
Bundesregierung blockiert Wildtierverbot seit Jahren
Derzeit gibt es in
Deutschland keine verbindlichen Regeln für die Haltung von Zirkustieren.
Die losen Vorgaben der Zirkusleitlinien liegen zudem weit unter den
Mindestanforderungen für Zoos. Und das, obwohl der Bundesrat schon drei
Mal für ein Verbot von Wildtieren im Zirkus stimmte. Doch bis jetzt hat
die Bundesregierung diesen Beschluss nie umgesetzt. Andere europäische
Länder sind Deutschland hier deutlich voraus und verbieten die
Wildtierhaltung im Zirkus bereits teilweise oder sogar ganz.
Der "Fall Robby": Recht auf Entfaltung der eigenen Art-Identität?
Das Veterinäramt des für den Zirkus zuständigen
Landkreises Celle ordnete bereits 2015 an, dass Schimpanse Robby in eine
Auffangstation abgegeben werden soll. Gegen diese Verfügung reichte der
Zirkus Beschwerde ein. Doch auch das Verwaltungsgericht Lüneburg
urteilte im April 2017, dass der Schimpanse in die Obhut einer
spezialisierte Auffangstation gegeben werden soll. Verschiedene
Gutachten bestätigten, dass Robby an schweren Verhaltensstörungen
leidet. Er könne jedoch noch lernen, mit Artgenossen in einer artgemäßen
Umgebung zusammenzuleben. Das Gericht stellte in seinem Beschluss zudem
fest, dass insbesondere die Einzelhaltung des Schimpansen in dem
Zirkusunternehmen tierschutzwidrig ist und darüber hinaus den geltenden
Vorgaben nicht genügt wird. "Mit der Revision hat das Gericht nun Robby
seine Chance auf eine Entfaltung seiner Identität als Schimpanse
abgesprochen. Er muss nun bis zum Tod im Zirkus bleiben“, erklärt Dr. Preuschoft.
Rehabilitierung hätte gute Erfolgsaussichten gehabt
Erfahrungen
in spezialisierten Schimpansenauffangstationen bestätigen, dass in
Gefangenschaft gehaltene Schimpansen jeden Alters wieder mit Artgenossen
erfolgreich zusammengeführt werden können. Dies ist ein langwieriger,
stufenweiser Prozess, der unter Beobachtung von Experten geschehen muss.
„Die Auffangstation AAP verfügt auch über fundierte Erfahrungen mit
betagten Tieren. Dort befinden sich Schimpansen mit ähnlicher
Vorgeschichte und ähnlichem Alter, bei denen die Zusammenführung mit
Artgenossen erfolgreich war", berichtet Primatologin Dr. Preuschoft von
VIER PFOTEN. „Robby hätte dort einen erfüllten Lebensabend verbringen
können. Es ist sehr traurig, dass ihm ein Leben als 'echter' Affe nun
für immer verwehrt wird."
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