Tschernobyl/ Ukraine,
26. 4. 2016 – Mit einer Lichtprojektion auf den maroden Sarkophag über
der Atomruine von Tschernobyl erinnert Greenpeace in der Nacht auf
Dienstag an die bislang größte nukleare Katastrophe und fordert einen
globalen Atomausstieg. Exakt 30 Jahre nach der Explosion des
ukrainischen Reaktors zeigten die Umweltschützer an der Unglückstelle
Fotos von Opfern der freigesetzten Radioaktivität mit der Unterschrift
„30 Jahre Tschernobyl – Nie wieder“ und „Endloses Leid“. „Wir sind es
den Opfern von Tschernobyl schuldig, aus der Atomkraft auszusteigen“,
sagte Greenpeace Atomexperte Tobias Münchmeyer in Tschernobyl. „Der
Unfall von Tschernobyl ist ein Albtraum, der seit 30 Jahren andauert.“
Am 26. April 1986 um
1:23 Uhr ereignete sich die Reaktorkatastrophe in Block 4 des
Atomkraftwerks Tschernobyl. Ursache war eine Kombination aus
Schwachstellen des russischen Reaktors und Fehler des Personals bei
einem Sicherheitstest. Eine Dampfexplosion sprengte den 1000 Tonnen
schweren Deckel vom Reaktorkern. Drei Sekunden später folgte eine
Wasserstoffexplosion. Der Reaktorkern wurde zerstört und brannte zehn
Tage lang. Er schleuderte große Mengen Kernbrennstoff und brennendes
Graphit in die Luft. Die enorme Menge freigesetzten radioaktiven
Materials verseuchte weite Teile Europas. Zehntehntausende Menschen
starben vor Ort und in den verstrahlten Gebieten.
418.000 Kinder unter ärztlicher Kontrolle
30 Jahre später sind
die Folgen noch immer nicht zu überblicken. Schätzungen gehen von
hunderttausend Todesfällen und mehreren hunderttausend Krankheitsfällen
und Evakuierungen aus. Der wirtschaftliche Schaden wird allein für die
Ukraine und Weißrussland von den jeweiligen Regierungen auf 436
Milliarden US-Dollar geschätzt. Nach neuesten Angaben des ukrainischen
Gesundheitsministeriums leben in der Ukraine derzeit rund 3500 Kinder
mit Behinderungen, die auf die Reaktorkatastrophe zurückzuführen sind.
Ihre Eltern hielten sich entweder 1986 in der Nähe des Unfalls auf,
arbeiteten als sogenannte Liquidatoren in Tschernobyl oder müssen heute
noch immer auf kontaminiertem Boden leben. 418.000 Kinder stehen
permanent unter besonderer ärztlicher Kontrolle.
„Tschernobyl zeigt,
es gibt keine angeblich friedliche Nutzung der Atomenergie. Atomkraft
fordert viele Opfer“, sagt Münchmeyer. „Die Bundesregierung muss darauf
drängen, dass Uralt-Meiler in Belgien, Frankreich, Tschechien und der
Schweiz möglichst rasch abgeschaltet werden“, so Münchmeyer. Wegen
ungeklärter Sicherheitsfragen hatte Bundesumweltministerin Barbara
Hendricks (SPD) vergangene Woche die belgische Regierung gebeten, die
belgischen Pannenmeiler Tihange 2und Doel 3 vorläufig vom Netz zu
nehmen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen