Im
Biomassekraftwerk Delitzsch lagern ordnungswidrig 40.000 Tonnen Asche
und Schlacke in direkter
Nähe zu einem Wohngebiet – Zuständiges Landratsamt Nordsachsen
tolerierte jahrelang die unhaltbaren Zustände auf dem Betriebsgelände –
Hinweise auf Belastung durch Schwermetalle im Ascheberg – Abwasser wurde
in den nahe gelegenen Fluss entsorgt
Berlin, 29.7.2016:
Im Biomassekraftwerk Delitzsch, 25 Kilometer nördlich von Leipzig,
wurden jahrelang entsorgungspflichtige Abfälle ordnungswidrig gelagert.
Unter freiem Himmel liegen mindestens 40.000 Tonnen Filteraschen und
Kesselschlacken, die ungeschützt Wind und Wetter
ausgesetzt sind (Luftaufnahmen des Biomassekraftwerks Delitzsch:
http://l.duh.de/o0f25). Der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und der
Grünen-Fraktion des sächsischen Landtages liegen Hinweise vor, wonach
der Ascheberg schwermetallbelastet sein könnte. Sie fordern den
sächsischen Umweltminister Thomas Schmidt auf, eine unabhängige
Untersuchung des Aschebergs zu veranlassen und den Abfallskandal
aufzuklären. Das für die Überwachung des Biomassekraftwerkes zuständige
Landratsamt Nordsachsen, scheint genau hierzu nicht in der Lage zu sein
(Zusammenfassung des Abfallskandals:
http://l.duh.de/tin21).
„Während
der Betriebszeit des Biomassekraftwerkes Delitzsch haben sich innerhalb
weniger Jahre
mehr als 40.000 Tonnen entsorgungspflichtige Abfälle ordnungswidrig auf
dem Unternehmensgelände angesammelt. Ein Müllberg, den Niemand
ernsthaft übersehen kann, aber vom Landratsamt Nordsachsen als
Überwachungsbehörde keiner sehen wollte“,
kritisiert der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Bereits
beim Abfallskandal um die nicht ordnungsgemäße Verarbeitung gefährlicher
Abfälle durch die S.D.R. Biotec im sächsischen Pohritzsch kam das
Landratsamt Nordsachsen seiner Überwachungspflicht
nur ungenügend nach.
Bürger
aus Delitzsch hatten, aus Sorge vor dem immer größer anwachsenden
Abfallberg, Proben aus dem
Haufwerk entnommen und bei einem akkreditierten Analyselabor
untersuchen lassen. Die Analyse ergab deutliche Überschreitungen der
Grenzwerte für Blei und Cadmium nach der Bundesbodenschutzverordnung.
Die Untersuchungsergebnisse wurden durch Angaben ehemaliger
Mitarbeiter des Biomassekraftwerks bekräftigt. Sie gaben der DUH
gegenüber im Gespräch an, regelmäßig kunststoffhaltige Restabfälle
verbrannt zu haben.
Der
Insolvenzverwalter des letzten Kraftwerk-Betreibers veranlasste im
Februar 2016 eine Untersuchung
des Haufwerks durch die Firma Stork Umwelt GmbH in Schkeuditz. Diese
ergab angeblich keine Auffälligkeiten. Auf der Grundlage dieser
Untersuchungsdaten hält das Landratsamt Nordsachsen den Berg aus Asche
und Schlacke für unbedenklich. Diese Einschätzung hält
einer fachlichen Prüfung jedoch nicht stand.
„Die
Firma Stork Umwelt GmbH stand bereits früher in Kontakt mit den
Kraftwerksbetreibern, weshalb
die Neutralität des Unternehmens angezweifelt werden darf. Zudem wurde
eine falsche Messmethode zur Feststellung potentieller Schadstoffe
angewandt. Der inzwischen insolvente Anlagenbetreiber GOAZ GmbH ist in
der Vergangenheit insbesondere durch Verstöße gegen
Genehmigungsauflagen aufgefallen. Dass das Landratsamt Nordsachsen
trotzdem auf eine Eigenkontrolle bei der Untersuchung des Asche- und
Schlackenberges setzt, ist nicht nachvollziehbar und indiskutabel“,
sagt der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer. Er
betont, dass die Beauftragung eines unabhängigen und neutralen
Prüflabors durch das Landratsamt Nordsachsen eine Mindestanforderung
gewesen wäre.
Bei
der Untersuchung des Schlackebergs durch die Firma Stork Umwelt GmbH
wurden sogenannte Eluat-Tests
nach der Deponieverordnung durchgeführt. Dabei wird getestet, welche
Schadstoffmengen aus dem zu untersuchenden Stoff sich in Wasser lösen.
Dieses Prüfverfahren ist aus mehreren Gründen nicht aussagekräftig und
zulässig: Zum einen handelt es sich bei dem Betriebsgelände
des Biomassekraftwerkes um keine Deponie, weshalb die Grenzwerte der
Bundesbodenschutzverordnung herangezogen werden müssen. Zum anderen wird
bei Eluat-Tests nicht untersucht, wie hoch die gesamten
Schadstoffmengen im Feststoff sind, sondern nur wie viel Schadstoffe
sich innerhalb eines kurzen Zeitraumes in Wasser lösen.
„Die
bisherigen Untersuchungsergebnisse lassen keine belastbaren
Rückschlüsse zu, wie hoch der
tatsächliche Schadstoffgehalt des Asche- und Schlackenbergs ist. Ein
langfristiger und dauerhafter Schadstoffaustrag sowie eine Anreicherung
von Schermetallen in der Umgebung des Biomassekraftwerkes kann durch die
bislang durchgeführten Tests nicht ausgeschlossen
werden“,
erklärt Fischer. Deshalb fordern die DUH und die GRÜNEN-Fraktion des
sächsischen Landtags eine Feststoffanalyse des Schlackenberges nach der
Bundesbodenschutzverordnung
durch ein vom Landratsamt Nordsachsen beauftragtes unabhängiges
Prüfinstitut.
Für besonders bedenklich hält der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN im sächsischen Landtag,
Volkmar Zschocke, die Pläne des Landratsamtes Nordsachsen, eine
erneute Inbetriebnahme des Biomassekraftwerks Delitzsch im Oktober 2016
zuzulassen:
„Die
bisher durch das Landratsamt Nordsachsen formulierten Auflagen müssen
alle erst mal umgesetzt
werden. Zum Beispiel die Instandsetzung der Staubfilter und der
Messtechnik zur Kontrolle der Abgasgrenzwerte. Das Landratsamt darf
nicht länger wegschauen. Nur wenn technisch massiv nachgerüstet wird und
das Schlacke-Problem gelöst ist, kann das Biomassekraftwerk
wieder den Betrieb aufnehmen. Ich erwarte jedoch insbesondere nach der
erneuten Insolvenz die Festsetzung von Sicherheitsleistungen
entsprechend der aktuellen Risiken durch das Landratsamt, um im Fall
einer Stilllegung des Kraftwerks die Entsorgung der Altlasten
sicherstellen zu können“, sagt Volkmar Zschocke.
Links:
Zusammenfassung des Abfallskandals in Delitzsch:
http://l.duh.de/tin21.
Luftaufnahmen des Biomassekraftwerks Delitzsch: http://l.duh.de/o0f25.
Quelle: Bürgerverein Sauberes Delitzscher Land
Luftaufnahmen des Biomassekraftwerks Delitzsch: http://l.duh.de/o0f25.
Quelle: Bürgerverein Sauberes Delitzscher Land
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