14. Oktober 2014

Gysi stellt seine Aussage zur Souveränität richtig - Gregor Gysi, DIE LINKE: Deutschland hat verdient, ein souveräner Staat zu werden



Veröffentlicht am 28.01.2014
28.01.2014 - Pressestatement vor der Fraktionssitzung zur aktuellen Plenarwoche des Bundestages mit Regierungserklärung der Kanzlerin zum Regierungsprogramm von CDU/CSU und SPD, zum Bericht des Wehrbeauftragten, zum gemeinsamen Antrag von Grünen und LINKE auf Einsetzung eines NSA-Untersuchungsausschusses, zur möglichen Befragung von Edward Snowden, zur Debatte über Abschläge bei einem früheren Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren sowie zur Streichung der Extremismusklausel



"Ich bedanke mich. Und selbstverständlich kenne ich auch diese Seiten und die gefährlichen Thesen der Leute, die dahinter stehen.

Die Bundesrepublik ist 1949 als selbstständiger und autonomer Staat gegründet worden, ist Mitglied der UN, der EU, der NATO und vieler anderer internationaler Organisationen. Sie hat viele, viele zwischenstaatliche Verträge geschlossen und diplomatische Beziehungen zu den meisten Ländern der Welt.

Anders sieht es eben wirklich mit der realen Souveränität und eigenständigen Entscheidungsfähigkeit Deutschlands aus. Und gerade jetz bei der Diskussion um die NSA-Affäre und die Enthüllungen von Snowden wurde das von mir thematisiert.

Sie müssen davon ausgehen und das auch akzeptieren, dass das Besatzungsstatut durch die Pariser Verträge 1955 ganz offiziell aufgehoben wurde. Allerdings sicherten sich die USA fast gleiche Rechte durch Geheimverträge zu, die während der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen nicht aufgehoben wurden. Jetzt sollen sie allerdings laut Aussagen der Bundesregierung aufgehoben worden sein.

Aber genau unter dem Deckmantel des damaligen Kalten Krieges, der „Verteidigung des freien Westens“, der Sicherung von Militärbasen sind Geheimverträge abgeschlossen worden. Ich hatte naiverweise erwartet, dass diese Verträge im Zuge der 2+4-Gespräche aufgehoben wurden. Sie wurden aber nicht aufgehoben, weil nämlich nur Abkommen mit allen vier Mächten aufgehoben wurden, nicht aber Abkommen mit drei Mächten, mit zwei Mächten oder mit einer Macht. Da war zwar alles, was mit den Russen und den anderen drei Mächten gemeinsam vereinbart war, heraus, aber der Rest blieb; und das geht nicht. Jetzt hat die alte Regierung im Zusammenhang mit der NSA-Affäre erklärt: Im Sommer sind diese Verträge für unwirksam erklärt worden. – Wie eigentlich? Ich würde gerne einmal die Noten sehen. Was stand da eigentlich drin?

Es gab auch neue Verwaltungsvereinbarungen.

Dazu läuft eine Anfrage von uns bei der Regierung. Sobald die Antwort vorliegt, werden wir sie öffentlich machen.

All das hat aber absolut nichts damit zu tun, dass wir nicht ein souveräner Staat wären, wir einen Friedensvertrag bräuchten, die Bundesrepublik nicht existieren würde oder das Grundgesetz ungültig wäre. Ich ganz persönlich sehe in einer solchen Diskussion, die ja bereits seit Jahren durch das Internet kursiert, nur ein einziges Ziel: hier wollen Ewiggestrige das System in Frage stellen, die Demokratie aushebeln, die europäische und internationale Entwicklung rückgängig machen und sich „zurückentwickeln“ zu Reichsbürgern unter einer Gesetzgebung und eben auch den Grenzen des glücklicherweise nicht mehr existierenden Deutschen Reichs.

Es geht einzig und allein darum, dass Deutschland das Verhältnis zu den USA neu ordnen muss: Die geheimdienstliche Zusammenarbeit zwischen den USA und Deutschland ist aufzukündigen, die Bundesanwaltschaft muss strafrechtliche Ermittlungen gegen die für Spionage Verantwortlichen einleiten. Die Abhöreinrichtungen in der US-Botschaft sowie in weiteren US-Institutionen in Deutschland sind sofort zu demontieren.

Die Abkommen der Europäischen Union zum Datenaustausch – darunter der Austausch von Fluggastdaten (PNR), Bankdaten (SWIFT) und die Vorratsdatenspeicherung – sind zu annullieren. Vor allem aber muss es Konsequenzen für die militärische Zusammenarbeit geben: US-Einrichtungen wie die Militärbasis Ramstein und die US-Militärhauptquartiere in Stuttgart und Wiesbaden müssen geschlossen werden. Die Bundesregierung muss gewährleisten, dass US-Einrichtungen nicht für Folterflüge der CIA genutzt werden. Die taktischen US-Atomwaffen auf dem Stützpunkt Büchel sind sofort abzuziehen, eine Duldung der Lagerung durch Deutschland verletzt den Atomwaffensperrvertrag.

Aber Vorsicht mit der Aussage, Deutschland sei kein souveräner Staat im Sinne des Völkerrechts. Wenn Sie diese wirklich mehr als fragwürdige Theorie weiterleiten, erkennen Sie auch keine Grenzen an und würden polnisches und tschechisches Hoheitsgebiet wieder Deutschland zuschlagen. Sie würden die Ergebnisse einer friedlichen Nachkriegsentwicklung in Europa in Frage stellen und jegliche politische, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung der letzten 65 Jahr anzweifeln. Mit einer solchen mehr als obskuren Sicht kann ich wirklich sehr wenig anfangen. Und ich ganz persönlich sehe in einer solchen Diskussion, die ja bereits seit Jahren durch das Internet kursiert, nur ein einziges Ziel: hier wollen Ewiggestrige das System in Frage stellen, die Demokratie aushebeln, die europäische und internationale Entwicklung rückgängig machen und sich „zurückentwickeln“ zu Reichsbürgern unter einer Gesetzgebung und eben auch den Grenzen des glücklicherweise nicht mehr existierenden Deutschen Reichs. Damit sind Sie dann wirklich in der sehr rechten Ecke. Nochmals eindeutig: Eine solche Denkweise ist mir völlig fremd, ich halte sie für dumm und sehr gefährlich und ich werde mich an einer solchen Diskussion nicht beteiligen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi"

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