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Bisherige
Flottengrenzwerte als Klimaschutzinstrument gescheitert – spritdurstige
und übermotorisierte Verbrenner-Pkw boomen wie noch nie
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DUH fordert verbindlichen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor in Deutschland zum 1. Januar 2025
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Positionspapier
der DUH zur Revision der europäischen CO2-Regulierung identifiziert
sieben zentrale Hebel für den Umstieg auf effiziente Elektromobilität
Berlin,
5.3.2021: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert die Einführung einer
Obergrenze für den CO2-Ausstoß jedes neu registrierten Autos in Europa
von maximal 120 g CO2/km im realen Fahrbetrieb.
Das entspricht einem Verbrauch von etwa 5 Litern Benzin oder 4,5 Litern
Diesel pro 100 Kilometer. Die CO2-Obergrenze muss in der anstehenden
Revision der europäischen CO2-Regulierung für Pkw verankert und künftig
jährlich um mindestens 5 Prozent abgesenkt
werden. Zur Kontrolle können die bei Neuwagen abgespeicherten realen
Spritverbräuche zugrunde gelegt werden. Ab dem 1. Januar 2025 fordert
die DUH zudem einen Zulassungsstopp für neue Autos mit Verbrennungsmotor
in Deutschland. Auf EU-Ebene sollte der Ausstieg
aus dem Verbrenner bis spätestens 2030 erfolgen.
Das bisherige Regulierungsmodell der europäischen CO2-Flottengrenzwerte
ist nicht geeignet, um die seit Jahren auf hohem Niveau stagnierenden
CO2-Emissionen des Straßenverkehrs zu reduzieren und den Trend zu
übermotorisierten, hochemittierenden Fahrzeugen zu
brechen. Neben zahlreichen kontraproduktiven Schlupflöchern in der
Regulierung ist hierfür vor allem die ausschließliche Betrachtung des
Flottendurchschnitts verantwortlich: Automobilhersteller können den
Absatz von Fahrzeugen mit hohem Spritverbrauch und
CO2-Ausstoß rechnerisch ausgleichen, indem sie auch
(teil-)elektrische Autos verkaufen, die in die Flottenbilanz mit sehr
niedrigen beziehungsweise gar keinen Emissionen eingehen und derzeit
sogar mehrfach gezählt werden. So können Hersteller im
Flottendurchschnitt den geltenden Grenzwert von 95 g CO2/km einhalten
und trotzdem weiter klimaschädliche SUV-Stadtpanzer und Limousinen mit
hohen Gewinnmargen in den Markt drücken. Das ist Klimaschutz nur auf dem
Papier.
Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die
aktuelle Berechnungsmethode der CO2-Regulierung ist eine absurde
Augenwischerei, die nicht das Klima, sondern nur das auf
übermotorisierte Spritschleudern
ausgerichtete Geschäftsmodell der Autokonzerne schützt. Der Fokus auf
den Flottendurchschnitt dient dazu, die hohen Emissionen von
SUV-Stadtpanzern und Luxus-Limousinen zu verschleiern und ihren
Weiterverkauf trotz Klimakrise zu legitimieren. Aber ein E-Auto
macht keine CO2-Schleuder wett. Wir müssen Emissionen real reduzieren,
anstatt sie allein auf dem Papier kleinzurechnen. Die anstehende
Revision der CO2-Regulierung muss jetzt die Trendwende einleiten, um das
erhöhte EU-Klimaziel für 2030 und das 1,5-Grad-Limit
einzuhalten.“
Für Luftschadstoffe wie Stickstoffdioxid oder Feinstaub gelten in der EU
seit Jahren absolute Grenzwerte für jedes Fahrzeug. CO2 als
gefährlicher Treiber der Klimakrise, der schon heute die
Lebensgrundlagen vieler Millionen Menschen bedroht, muss genauso
behandelt
werden. Das Prinzip ist bewährt: So gibt es etwa für viele
Haushaltsgeräte seit langem Verbrauchsobergrenzen, die von jedem
einzelnen Gerät eingehalten werden müssen.
„Für jede
Glühbirne gilt ein absolutes Energieverbrauchslimit. Es käme auch
niemand auf die Idee, Durchschnitts-Effizienzstandards für eine
Kühlschrankflotte einzuführen – die Verbrauchsvorgaben für
Haushaltsgeräte
gelten selbstverständlich für jedes einzelne Gerät. Aber ein Auto darf
beliebig viel Sprit oder Strom verbrauchen. Das muss sich dringend
ändern, wenn wir die Klimakrise wirksam bekämpfen und Ressourcen
schonend einsetzen wollen. Neben einer CO2-Obergrenze
müssen deshalb auch Effizienzvorgaben für elektrische Fahrzeuge
eingeführt werden“, ergänzt Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der DUH.
Aus Sicht der DUH ist die absolute CO2-Obergrenze eine sinnvolle
Vorstufe zum vollständigen Verbrennerausstieg, der in Deutschland
spätestens zum 1. Januar 2025 erfolgen muss. EU-weit fordert die DUH
einen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bis spätestens 2030.
Mehrere EU-Länder haben sich dies bereits zum Ziel gesetzt.
In einem aktuellen Positionspapier legt die DUH in sieben Forderungen
dar, welche Änderungen bei der Revision der CO2-Regulierung umgesetzt
werden müssen, um die Antriebswende im Straßenverkehr zur Einhaltung der
Klimaschutzziele zu beschleunigen. Hierzu zählen
auch die Überprüfung von Realemissionen auf der Straße, die Abschaffung
sämtlicher Vergünstigungen für Plug-in Hybridfahrzeuge und die
Streichung des Gewichts-Bonus für Hersteller überdurchschnittlich
schwerer Autos.
Hintergrund:
Seit 2015 gelten in der EU verbindliche CO2-Emissionsstandards für die
Neuwagenflotten der Automobilhersteller. Der erste Flottengrenzwert von
130 g CO2/km wurde von den Herstellern zu einem großen Teil durch
Manipulationen bei den Testverfahren erreicht. Seit
2020 gilt ein Flottengrenzwert von 95 g CO2/km, den die meisten
Hersteller im letzten Jahr über verstärkten Verkauf von
(teil-)elektrischen Fahrzeugen und das Ausnutzen verschiedener
Flexibilitäten in der Regulierung einhielten. In der Realität lagen die
durchschnittlichen
Emissionen eines neuen Autos in 2020 laut der europäischen
Umweltorganisation Transport & Environment bei etwa 155 g CO2/km.
Im Kontext des Green Deal wird derzeit das EU-Klimaziel für 2030
angehoben. Daran schließt sich eine Überarbeitung der
EU-Klimagesetzgebung an, darunter auch eine vorgezogene Revision der
CO2-Emissionsstandards für neue Autos. Die EU-Kommission wird im Juni
2021 einen Vorschlag vorlegen, der anschließend mit EU-Parlament und
EU-Rat verhandelt wird.
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