Über
die Hälfte der untersuchten sieben Austauschkats erreichen nicht einmal
die schwachen gesetzlichen Grenzwerte für die Abgasreinigung
– Vier Systeme fallen durch und erhalten Rote Karten – Die beiden
getesteten „Blauer Engel“-Katalysatoren zeigen: Dauerhaft hohe
Abgasminderung ist nur durch wirksame Kontrollen nach den Vorgaben des
Blauen Engels möglich
Berlin, 1.10.2015:
Im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hat der TÜV Nord das
Abgasverhalten
von sieben Austauschkatalysatoren aus dem freien Kfz-Teilehandel
untersucht. Dabei hat er überprüft, ob die Systeme die Vorgaben des
Umweltzeichens „Blauer Engel“ einhalten. Die Ergebnisse sind
alarmierend: Nicht nur neue Diesel-Pkw haben ein Abgasproblem,
sondern auch Benzin-Autos, bei denen ein minderwertiger
Austauschkatalysator eingebaut ist. Vier geprüfte
Austausch-Katalysatoren führen nach dem Einbau zu Emissionen, die weit
über den Grenzwerten der Abgasnorm Euro 4 liegen. Sie erhalten dafür
eine Rote
Karte.
Die
DUH hat das Bundesverkehrsministerium (BMVI) über die Prüfergebnisse
informiert und fordert es auf, alle Typgenehmigungen von
Austauschkatalysatoren durch eigene Messungen
zu überprüfen. Bei festgestellten Verstößen muss das BMVI nach
Auffassung der DUH den weiteren Verkauf solcher Systeme stoppen. Es
handelt sich dabei um Produkte der Firmen AS S.L.U., ATP
Auto-Teile-Pöllath Handels GmbH (geliefert: BM Catalysts Ltd.), EEC
European Exhaust and Catalyst Ltd. und Bandel Automobiltechnik GmbH
(geliefert: EEC European Exhaust and Catalyst Ltd).
„Hinsichtlich
der Abgasreinigung von Pkw steht Bundesverkehrsminister Alexander
Dobrindt vor einem Scherbenhaufen seiner bisherigen Politik. Er muss
nicht nur die Funktionstüchtigkeit
der Katalysatoren von modernen Diesel- und
Benzin-Direkteinspritzer-Neufahrzeugen überprüfen, sondern ist auch für
die Kontrolle und Durchsetzung der Funktionstüchtigkeit von
Austausch-Katalysatoren verantwortlich“,
so DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Dobrindts Ministerium
wisse bereits seit zwölf Monaten aus eigenen Messungen, dass unwirksame
Austausch-Katalysatoren auf dem deutschen Markt verkauft werden.
Dennoch würden diese Betrugssysteme weiter eingebaut,
was in der Folge zur erheblichen Verschmutzung der Atemluft führe.
Die
DUH hatte zuletzt in einer Pressemitteilung vom 26. Juni 2015 darauf
hingewiesen, dass das BMVI untätig bleibt. Gleichzeitig forderte sie das
Ministerium auf, den Betrug
sofort zu stoppen. In einem Gespräch mit der Arbeitsebene des BMVI
teilte man der DUH mit, nicht einschreiten zu wollen, da die Behörde –
aus eigener Sicht – wichtigere Aufgaben zu erledigen habe.
„Es
ist unglaublich, dass Dobrindt den Betrug an schätzungsweise bis zu
einer Million Autofahrern, denen man in den vergangenen Jahren
minderwirksame Austauschkats eingebaut
hat, offensichtlich aussitzen will“,
so Resch weiter. Er fordert den Verkehrsminister nochmals dazu auf, das
Problem endlich zu lösen. Ein Vorbild solle sich Dobrindt dabei an
Sigmar
Gabriel nehmen, der 2007 als Umweltminister beim Partikelfilter-Skandal
den betroffenen Autofahrern geholfen hat, indem unwirksame
Katalysatoren identifiziert und durch wirksame Systeme ausgetauscht
wurden.
Gerade
angesichts der aktuellen Ereignisse um manipulierte Abgaswerte müssen
seriöse Hersteller ihren Kunden glaubhaft versichern können, dass sie
ein umweltverträgliches Produkt
erwerben. Hierfür steht der „Blaue Engel“ der Jury Umweltzeichen des
Bundesumweltministeriums. Die Anforderungen des „Blauen Engels“
beinhalten neben der Einhaltung der Grenzwerte nach einer künstlichen
Alterung auch Bestimmungen zur Umweltverträglichkeit
der verwendeten Lagermatten für den Keramikkern von
Austauschkatalysatoren, eine Edelmetallanalyse und in der Folgeprüfung
einen so genannten Schütteltest (Hot-Shake-Test) im erhitzten Zustand.
Dieser Test prüft die mechanische Haltbarkeit des Katalysators.
„Die
schlechte Qualität der Billigkats von Bandel und ATP ist für sich
genommen schon ein Skandal. Sie erreichen in unserem Test noch nicht
einmal die niedrigen gesetzlichen
Mindeststandards. Noch viel schlimmer aber ist, dass die
Bundesregierung trotz der Erkenntnisse aus der BASt-Studie anscheinend
nichts gegen die Hersteller und Händler von minderwirksamen
Austauschkatalysatoren unternimmt“,
sagt Urs Maier, Projektmanager Verkehr und Luftreinhaltung bei der DUH.
Die
DUH geht davon aus, dass das Bundesverkehrsministerium nach den
Erfahrungen rund um den VW-Skandal sensibilisiert ist und nun wirksame
Maßnahmen der Kontrolle einleitet.
Parallel wird die DUH als Verbraucherschutzorganisation notwendige
Schritte ergreifen, damit nur noch einwandfreie Systeme verkauft werden.
Sie wird außerdem in folgenden Messungen weitere illegale Systeme
identifizieren und deren Verkauf stoppen.
Hintergrund:
Zwei
Grüne Karten vergibt die DUH für die Katalysatoren von HJS Emission
Technology GmbH & Co. KG sowie BLUEKAT Technologie GmbH. Sie
erfüllen als einzige die umfangreichen und
strengen Vorgaben des „Blauen Engels“ und stellen die dauerhafte
Abgasminderung sicher. Der Austauschkatalysator des Herstellers Ernst
Apparatebau GmbH hat im neuen wie gealterten Zustand eine deutlich
schlechtere Reinigungsleistung als die Katalysatoren von
HJS und BLUEKAT. Jedoch hält er die Grenzwerte im Test noch ein. Weil
es außerdem nicht das Umweltzeichen „Blauer Engel“ trägt, erhält das
System die Gelbe Karte.
Negative
Spitzenreiter im DUH-Test sind zwei baugleiche Kats des Herstellers
EEC. Einer der beiden wurde als EEC-Kat über den Internet-Shop
Autoteile-Meile.de (Delticom AG),
der zweite als nicht weiter benannte Hausmarke des Händlers Bandel über
eBay erworben. Selbst im Neuzustand überschritten die Emissionen des
Prüffahrzeugs, ein VW Passat des Abgasstandards Euro 4, mit diesen
Katalysatoren die Grenzwerte für Kohlenmonoxid (CO)
um bis zu zwölf Prozent und für Stickstoffoxid (NOx) um bis zu 180
Prozent. Die schlechte Qualität der von Autoteile-Meile.de für 182,69
Euro und Bandel (eBay) für 125,80 Euro verkauften Katalysatoren zeigt
deutlich, dass das gesetzliche Zulassungs- beziehungsweise
Kontrollverfahren unzureichend ist. Es fehlen wirksame behördliche
Prüfungen, ob mit den ausgelieferten Katalysatoren tatsächlich die
gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden.
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