Während in Berlin die Koalitionsverhandlungen laufen, bahnt sich in Europa eine fatale Weichenstellung an. Es geht um die Klimaneutralität und Nachhaltigkeit von Europas Energieversorgung. Konkret: Neue Atomkraft- und Gaskraftwerke sollen als “nachhaltige Investitionen” eingestuft werden. Damit würden Gas und Atomenergie nichts weniger als grün angestrichen und Geldschleusen für diese Energiequellen geöffnet werden. Eine Weichenstellung für einen klima- und energiepolitischen Irrweg!
Darum geht’s im Detail: Die EU-Kommission arbeitet schon seit Monaten an einem neuen EU-Standard für nachhaltige Investitionen, die sogenannte EU-Taxonomie. Dieser Standard wird zum Beispiel definieren, welche Energiequellen als nachhaltig gelten. Die Taxonomie ist also ein Nachhaltigkeitslabel. Die Einstufung als nachhaltige Investition hat immense Folgen: In Zukunft werden sich nicht nur Banken, Versicherungen und andere Finanzmarktakteure bei ihren Investitionsentscheidungen nach diesem EU-Standard richten, sondern auch Kleinanlegerinnen und Kleinanleger. Und nicht nur das: Auch Fördergelder, europäische und nationale Beihilfen und Steuergelder würden in Atom und Gas fließen, wenn diese Energiequellen das Nachhaltigkeitslabel bekommen.
Das Ganze ist so wichtig, weil Europa derzeit seine Energieversorgung auf Klimaneutralität umstellen muss. Über die Rolle von Gas und Atomkraft wird unter den EU-Mitgliedsstaaten heftig gestritten. Energiequellen, die von der EU als nachhaltig eingestuft werden, werden in den nächsten Jahren hoch im Kurs sein. Ist eine Energiequelle nicht Teil der EU-Taxonomie, dann wird sie nicht verboten, aber ihre Finanzierung ungleich schwieriger.
Beim letzten EU-Gipfel am 22. Oktober platzte dann die Bombe: EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen kündigte an, in Kürze einen Vorschlag für das EU-Nachhaltigkeitslabel vorzulegen, der auch Atomkraft und Gas beinhaltet. Bisher hatte sie sich stets gegen Atom und Gas in der Taxonomie ausgesprochen. Die Folge: Neue Atomkraftwerke und selbst Gaskraftwerke, die nicht dem modernsten Entwicklungsstand entsprechen, könnten dann auf einen Geldsegen hoffen. Investitionen in Atomkraft und Gas bekämen also fast das gleiche Nachhaltigkeitslabel wie der Bau von Windrädern und Solaranlagen. Ein Super-GAU für die Erneuerbaren Energien!
Die Bundesregierung ist beim letzten EU-Gipfel umgekippt und hat ihren Widerstand gegen das Greenwashing der Atomkraft aufgegeben. Damit könnten bei Gas und Atomkraft in der EU-Taxonomie nun schnell Fakten geschaffen werden. Und zwar noch bevor eine neue Bundesregierung ihre Arbeit aufnimmt und diese Pläne stoppen könnte. Jetzt kommt es also auf Ursula von der Leyens EU-Kommission und ihren Vorschlag für die Nachhaltigkeitsregeln an. Mit dem Grün-Anstreichen von Atom und Gas würden Ursula von der Leyen und EU-Kommissar Frans Timmermans auch das Versprechen ihres eigenen “Green Deals” brechen. Es wäre die erste klare Kursänderung auf Europas Weg zur Klimaneutralität - eine Abkehr von tatsächlicher Nachhaltigkeit!
Wenn die EU-Kommission ihren Vorschlag erst einmal vorgelegt hat, bräuchte es unter den EU-Mitgliedsstaaten eine sogenannte “qualifizierte Mehrheit”, um das Vorhaben noch zu stoppen. Das ist praktisch aussichtslos. Unterschreibt bitte deshalb diese Petition und unterstützt die Forderung an EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Kommissar Frans Timmermans:
Die Gewinnung von Strom aus Atomkraft und Gas ist nicht nachhaltig. Atom und Gas dürfen daher im Rahmen der EU-Taxonomie nicht als nachhaltige Investition eingestuft werden! Der EU-Vorschlag darf nicht vorgelegt werden, bevor die neue Bundesregierung im Amt ist!
Sven Giegold (DE)- Bas Eickhout(NL) - Ernest Urtasun (ES) - Damien Careme (FR) - Yannick Jadot (FR) - Michèle Rivasi (FR)
Mitglieder des Europaparlaments in der Fraktion der Grünen/EFA
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