Zu den heutigen
Kabinettsbeschlüssen zum Asylpaket II und weiteren sicheren Herkunftsstaaten
erklären Luise Amtsberg, Sprecherin
für Flüchtlingspolitik, und Volker Beck,
Sprecher für Innenpolitik:
Die
Bundesregierung schränkt Flüchtlingsrechte ein, um ihre eigenen
integrationspolitischen Versäumnisse zu verschleiern. Die Aussetzung des
Familiennachzugs zu Flüchtlingen, die in Deutschland Schutz vor Folter und
bewaffneten Konflikten gefunden haben, kann fatale Konsequenzen haben. Syrische
Frauen und Kindern werden umso mehr auf marode Schlepperboote getrieben. Wenn
sogar Eltern nicht zu unbegleiteten Minderjährigen nachziehen dürfen, offenbart
das eine Politik, die christlichen und sozialen Parteien unwürdig sein sollte.
Es ist unbegreiflich: Auch wenn der Lebensunterhalt der gesamten Familie
durch Arbeit gesichert ist, soll der Familiennachzug für zwei Jahre
ausgeschlossen sein. Das macht die Arbeitsmarktintegration zweifellos weniger
attraktiv. Diese Verschärfungen im Vergleich zum Referentenentwurf des Innenministeriums,
der im November 2015 bekannt geworden war, hätte die SPD niemals mittragen
dürfen.
Die erst vor
kurzem auf ein halbwegs verfassungskonformes Niveau angehobenen
Asylbewerberleistungen sollen nun pauschal für alle Leistungsempfänger gekürzt
werden – egal ob tatsächlich ein Integrationskurs besucht wird oder nicht, egal
ob jemand schon Deutsch kann oder als Säugling eindeutig zu jung für die
Kursteilnahme ist. Das ist nicht nachvollziehbar. Wer Flüchtlingen die Werte
der deutschen Gesellschaftsordnung vermitteln will, muss zunächst ausreichend
Kursangebote schaffen. Die Behauptung, dass kranke und traumatisierte Menschen
ihre Krankheit nur vortäuschen, um Abschiebungen zu verhindern, setzt die
Ärzteschaft unter inakzeptablen Druck. Bei der Abschiebung darf die Gefährdung
von Leben und Gesundheit niemals in Kauf genommen werden.
Die Bestimmung
von Algerien, Marokko und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten bringt uns bei
der Kriminalitätsbekämpfung keinen Schritt weiter, beschränkt aber die Rechte von
Frauen, Journalisten, Menschenrechtsverteidigern, Schwulen und Lesben, die aus
diesen Ländern nach Deutschland fliehen. Es blendet die brutale Unterdrückung
des sahaurischen Volkes durch Marokko völlig aus. Die
Menschenrechtslage in Algerien, Marokko und Tunesien ist alles andere als
einwandfrei. Menschenrechtsorganisationen dokumentieren seit Jahren Folter
durch die Sicherheitsbehörden. In allen drei Ländern werden Homosexuelle vor
Gericht gestellt und zu Haftstrafen verurteilt.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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