24. November 2021

Deutsche Umwelthilfe: Ampel-Koalition plant „einige deutliche Fortschritte aber auch dramatische Fehltritte“ beim Klima- und Umweltschutz



  • Handschrift der Autokonzerne unübersehbar: Ergebnisse im Verkehrsbereich verstoßen gegen Klimaschutz-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts; DUH wird Absage des Tempolimits und weitere Förderung von Straßenneubau und Klimakiller-Dienstwagen über eine Klimaklage angreifen
  • Positive Klimaschutz-Entscheidungen im Energiesektor mit Kohleausstieg sowie Ausbau Erneuerbarer Energien; Erdgas darf nur noch eine Übergangsrolle spielen; wichtige Stärkung der Naturschutzfinanzierung und des Ökolandbaues
  • Gute Ansätze im Gebäudesektor, aber zu vage Formulierungen brauchen dringende Klarstellung, um auf Paris-Pfad zu kommen; keinerlei Entwicklung bei wichtigem Bereich Kreislaufwirtschaft
  • Koalitionsvertrag reicht nicht aus, um Pariser Klimaschutz-Limit einzuhalten

Berlin, 24.11.2021: Die heute verkündeten Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP kommentieren die Geschäftsführenden der Deutschen Umwelthilfe (DUH) wie folgt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer: „Die Handschrift der Autokonzerne ist unübersehbar. Unglaublich, dass die CSU-Autolobby-Politik nahtlos fortgesetzt werden soll. Deutschland soll das Land der Raser, immer größerer SUV-Stadtpanzer und vom Staat finanzierten Klimakiller-Dienstwagen bleiben. Selbst die Subventionierung von Diesel sollen bleiben und die zukünftige Abgasnorm Euro 7 soll „Wertschöpfung und Arbeitsplätze“ nicht gefährden. Keine Maßnahmen die in den nächsten vier Jahren den CO2-Ausstoß signifikant senken. Kein Tempolimit, kein klares Verbrenner-Aus – im Gegenteil: eFuel-Verbrenner sollen sogar über 2035 fortbestehen. Der Verkehrsteil verstößt klar gegen den von uns mit erwirkten Klimaschutz-Grundsatzentscheid des Bundesverfassungsgerichts. Daher werden wir über unsere bereits anhängigen Klimaklage vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Ampel-Regierung zu kurzfristig wirksamen Maßnahmen wie einem Tempolimit auf Autobahnen, Tempo 80 außerorts und Tempo 30 in der Stadt zwingen, mit dem sich bis zu acht Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen lassen.“

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer: „Der große Fortschritt beim Klimaschutz liegt im Energiesektor. Mit dem Kohleausstieg 2030 und dem massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien werden die Weichen gestellt, um in diesem Sektor die Klima-Ziele von Paris zu erreichen. Es braucht jetzt allerdings ein ambitioniertes Sofortprogramm in den ersten 100 Tagen, damit diese Projekte auch ausreichend schnell und energisch umgesetzt werden. Der Einstieg in den Erdgasausstieg muss dadurch vorbereitet werden, dass Gaskraftwerke nur noch auf begrenzte Zeit zugelassen werden und grundsätzlich auf grünen Wasserstoff umrüstbar sein müssen. Ebenfalls positiv hervorzuheben ist die deutlich angehobene Naturschutzfinanzierung, die auf neue, sichere Beine gestellt wurde und das Ziel zum Ausbau des ökologischen Landbaus auf 30 Prozent der Fläche bis 2030.“

Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin: „Im Gebäudebereich ist Licht und Schatten. Positiv zu bewerten ist, dass neue Effizienzstandards gesetzt werden und der CO2-Preis beim Heizen auf Mieter und Vermieter aufgeteilt wird. Viele weitere Ausführungen vor allem zu Sanierung und Dämmung bleiben aber zu vage. Die neue Ministerin oder der neue Minister wird hier sofort nachbessern müssen, um den Gebäudebereich endlich wirklich auf den Paris-Pfad zu bringen. In der so wichtigen Kreislaufwirtschaft verstecken sich die Koalitionäre vor allem hinter europäischen Mindeststandards. Dazu kommen freiwillige Vereinbarungen mit der Industrie, die nachweislich nicht funktioniert haben. Wir brauchen ambitionierte nationale und gesetzlich zwingende Vorgaben, um Deutschlands traurigen Horror-Titel als Verpackungs-Europameister endlich abzulegen. Insgesamt braucht es mehr Anstrengung, schnelle Nachbesserungen und klare Leitlinien in den kommenden vier Jahren. Andernfalls sind die Paris-Grenzen nicht einzuhalten. Dann zerstört auch die nächste Bundesregierung die Zukunft unserer Kinder und Enkel.“

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