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Gigantische Anlage zum Import von Fracking-Gas würde rund 21 Millionen Tonnen CO2 im Jahr verursachen
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Prüfung der Auswirkungen auf Klima und Umwelt fehlt trotz gesetzlicher Vorgabe
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Standort
birgt hohes Störfallrisiko wegen benachbarter Chemieanlagen, einem
Lager für radioaktive Abfälle und stark frequentierter
Schifffahrtsstraße Elbe
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Deutsche Umwelthilfe fordert sofortigen Planungsstopp und Ausstieg der landeseigenen Niedersachsen Ports GmbH
Berlin,
14.1.2021: Das bei Stade an der Elbe geplante Terminal für
Flüssigerdgas (LNG) ist aus Umwelt- und Sicherheitsgründen nicht
genehmigungsfähig. Dies geht aus einem Rechtsgutachten hervor,
das die Deutsche Umwelthilfe (DUH) heute zusammen mit dem BUND
Niedersachsen vorgestellt hat. Mit der geplanten jährlichen Menge von 12
Milliarden Kubikmetern Flüssiggas wäre ein CO2-Ausstoß von rund 21
Millionen Tonnen verbunden. Die negativen Auswirkungen
auf Klima und Umwelt bleiben in der bisherigen Planung unbeachtet –
obwohl eine Umweltverträglichkeitsprüfung gesetzlich vorgeschrieben ist.
Mit der Niedersachsen Ports GmbH ist erstmals ein Bundesland
Miteigentümer eines Flüssiggas-Projekts.
Dazu Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Der
geplante Import von durch Fracking gewonnenem Flüssigerdgas wäre ein
klimapolitischer Sündenfall und passt nicht in die Zeit. Die indirekte
Beteiligung
des Landes Niedersachsen über die landeseigene Niedersachsen Ports GmbH
an dem LNG-Terminal in Stade muss deswegen umgehend gestoppt werden.
Die Landesregierung verliert beim Klimaschutz ansonsten jede
Glaubwürdigkeit. Wir brauchen eine Überprüfung der Klimaverträglichkeit.
Sie wird aufzeigen, dass der Bau des Terminals den Klimazielen massiv
entgegenläuft. Diesen Rückschritt in ein fossiles Zeitalter werden wir
nicht akzeptieren und fordern einen sofortigen Stopp der Planungen.
Anderenfalls werden wir weitere rechtliche Schritte
in Erwägung ziehen.“
Das von der Hanseatic Energy Hub geplante Terminal soll an der Unterelbe
bei Stade errichtet werden. Dort wäre eine weitere Vertiefung des
Flusses für die Errichtung des Hafens und die Zufahrt notwendig. Durch
die zusätzlichen Hafenanlagen würde sich die Breite
der Unterelbe verringern, gleichzeitig müssten riesige
Flüssiggas-Tanker häufige Wendemanöver in der Fahrrinne der ohnehin
bereits stark befahrenen Elbe durchführen – ein nicht hinnehmbares
Gefahrenpotenzial für den Schiffsverkehr. Das Terminal soll mit den
größten existierenden Tankern mit einem Fassungsvolumen von bis zu
265.000 Kubikmetern versorgt werden – laut Planungsunterlagen bis zu 110
Mal pro Jahr.
Dazu Heiner Baumgarten, Vorsitzender des BUND Niedersachsen: „In
der ohnehin schon stark industrialisierten Unterelbe würde das
LNG-Terminal die Umweltbelastung noch einmal deutlich steigern. Dabei
sind schon
durch den Klimawandel neue Belastungen wie erhöhte Wasserstände,
geänderte Sedimentbewegungen sowie häufigere Sturmfluten zu erwarten.
Die Unterelbe braucht Maßnahmen, um sich an den Klimawandel anzupassen
und keine Großprojekte, die das Klima noch mehr anheizen
und uns riesige Tankschiffe und gefährliche Wendemanöver bescheren.“
Die bisherigen Planungen ermitteln weder die Klimaauswirkungen aus dem
Betrieb des Terminals noch den Energiebedarf für die Errichtung des
Projektes. Die Planungen müssten laut Gutachten die Auswirkungen auf die
Klimaziele ebenso wie auf das globale Klima berücksichtigen.
Damit sind die vorgelegten Unterlagen zur Prüfung der Umwelt- und
Klimaverträglichkeit unvollständig und mit den geltenden gesetzlichen
Anforderungen nicht vereinbar. Auch das Störfallrisiko am Standort wird
nicht ausreichend berücksichtigt. Mit der Nachbarschaft
zu Chemieanlagen, in denen unter anderem brandverursachende Stoffe
gehandhabt werden sowie zu einem Lager für schwach- und
mittelradioaktive Abfälle wird eine brisante Gemengelage geschaffen.
„Die
Vorhabenträger verkennen bei ihrem Vorhaben nicht nur die aus dem
aktuellen Klimaschutzrecht sowie dem Seeschifffahrtsrecht resultierenden
Anforderungen. Darüber hinaus dürfte das Projekt auch kaum mit dem
geltenden Störfallrecht vereinbar sein“, erläutert Cornelia Ziehm, Rechtsanwältin und Verfasserin des Gutachtens.
Der Standort des geplanten Terminals liegt zudem in unmittelbarer Nähe
zu verschiedenen Natur- und Vogelschutzgebieten, die wichtige Brutplätze
für viele heimische und teils stark bedrohte Arten wie das
Blaukehlchen, die Bekassine oder den Kiebitz darstellen.
Obwohl
ein LNG-Projekt in Wilhelmshaven erst im November aufgrund mangelnder
Nachfrage nach Flüssiggas abgesagt wurde, haben die Betreiber das
Vorhaben in Stade kürzlich drastisch erweitert. Von
jährlich bis zu 4 Milliarden Kubikmeter verflüssigtem Erdgas soll nun
die dreifache Menge importiert werden. Ein Import von besonders
klimaschädlichem Fracking-Gas aus den USA ist wahrscheinlich.
Hintergrund
In Deutschland werden derzeit in Brunsbüttel und Stade große
LNG-Terminals vorangetrieben. Ende letzten Jahres stoppte der
Energiekonzern Uniper seine Pläne zur Errichtung einer Anlage in
Wilhelmshaven aufgrund mangelnder Nachfrage und Protesten der DUH und
anderer Initiativen. Die Anlage in Stade soll 2026 in Betrieb gehen.
Derzeit läuft bis 1. Februar 2021 eine Marktabfrage, die überblicksartig
klären soll, wie hoch das Interesse potenzieller Kunden an LNG-Gas
überhaupt ist.
Links:
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Das Rechtsgutachten und den Lageplan finden Sie hier:
http://l.duh.de/p210114a
- FAQs zum geplanten Projekt unter https://www.duh.de/lng/
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