3. Dezember 2019

Neues Ranking zu Versicherern und Klimaschutz: Allianz & Co. mit Luft nach oben


Berlin/London | 02.12.2019
Die Zahl der Versicherer, die die Absicherung von Kohle eingeschränkt haben, hat sich seit Beginn dieses Jahres verdoppelt. Inzwischen haben 17 der weltweit größten Versicherer Kohlegeschäfte reduziert. Sie kontrollieren rund 46 Prozent des Rückversichungs- und knapp 10 Prozent des Direktversicherungsmarktes. Dies ist das Ergebnis der dritten Klima-Analyse zur Versicherungsindustrie des globalen NGO-Netzwerks Unfriend Coal, dessen deutsches Mitglied urgewald ist. Sie wird heute auf der Versichererkonferenz Insurance & Climate Risk in London und zum Start der UN-Klimakonferenz in Madrid vorgestellt.

Auf Druck von Unfriend Coal und urgewald haben die meisten dieser Versicherer inzwischen die Versicherung neuer Kohleminen und –kraftwerke beendet. Besonders klimabewusste Versicherer haben auch Absicherungen für bestehende Kohle-projekte und die verantwortlichen Firmen eingestellt. Außerdem haben viele Versicherer ihre Kohle-Investitionen stark zurückgefahren, wodurch mittlerweile für etwa 37 Prozent der globalen Vermögenswerte der Industrie Kohle-Ausschlüsse gelten.

In Deutschland zeigt sich, dass erste, zum Teil große Klimaschutz-Schritte inzwischen durch Maßnahmen von Versicherern im Ausland an Strahlkraft verloren haben:
  • Die Allianz (Platz 7 im int. Versicherer-Ranking) sagte im Mai 2018 zu, ihre Investitionen in Kohle weiter einzuschränken und künftig auch keine Projekte für Kohlekraftwerke und Kohleminen mehr zu versichern. Außerdem will Allianz bis 2040 gänzlich aus dem Geschäft mit Kohle aussteigen. Mit Blick auf die Konkurrenz hinkt Allianz allerdings inzwischen in mehreren Bereichen hinterher: Im Gegensatz zu Zurich schließt die Allianz klimaschädliche Ölsand-Firmen nicht von Geschäften aus und versichert noch Unternehmen, die bereits gebaute Kohlekraftwerke betreiben. Außerdem gilt der Abzug von Kohle-Investitionen nur für die Eigenanlagen, nicht für die deutlich größere Anlagesumme, die Allianz für externe Kund*innen verwaltet. Der Konkurrent AXA schließt für einige solcher Dritt-Anlagen Kohle aus. Auch beim Ausstiegsdatum für Kohle ist Allianz von AXA überholt worden – der Wettbewerber verkündete am Mittwoch ein Enddatum schon für 2030 für EU- und OECD-Länder. [1]

  • Auch Hannover Re und dessen Mutterkonzern Talanx [2] (beide Platz 10)  haben mit ihrem Kohle-Enddatum 2038 in AXA nun wieder ein Vorbild. Sie schließen nur die Direkt- bzw. Rückversicherung von Kohle-Einzelprojekten aus. Talanx hat zudem schwerwiegende Schlupflöcher der eigenen Richtlinie für Kohlevorhaben zum Beispiel in Polen eingestanden. Zwei Konkurrenten der deutschen Firmen, Swiss Re bzw. Zurich, schließen auch Geschäfte mit Unternehmen im Kohlesektor unter bestimmten Bedingungen aus sowie die Absicherung bereits bestehender Kohleprojekte. Auch im Bereich Teersande haben Talanx und Hannover Re noch großen Verbesserungsbedarf. Beim Abzug von Kohle-Investitionen schneiden sowohl Swiss Re als auch SCOR im Vergleich zum Konkurrenten Hannover Re deutlich besser ab.

  • Munich Re (Platz 13) hat noch keinen Plan, bis wann der Konzern seine Kohlegeschäfte vollständig einstellen will. Auch er schließt, im Gegensatz zu Swiss Re, nur die Rückversicherung für konkrete Kohleprojekte aus. Weiterhin rückversichert der Konzern bestehende Kohlekraftwerke und –minen. Beim Abzug von Kohle-Investitionen schneiden die Konkurrenten Swiss Re und SCOR deutlich besser ab.
Regine Richter, Energie-Campaignerin bei urgewald, kommentiert: „Angesichts der Klimakrise reichen die Schritte der deutschen Versicherer bei allem guten Willen nicht aus. Vor allem sollten sie aufhören laufende Kohlekraftwerke zu versichern, deren CO2-Emissionen Tag für Tag die Chancen senken, dass wir die Pariser Klimaziele noch erreichen können. Es ist gut, dass sie in Unternehmen wie AXA und Swiss Re Vorbilder haben, um beim Klimaschutz noch besser zu werden.“

Mit Blick auf die gesamte Industrie ergänzt Richter: „Die Einschränkung von Kohle-Versicherungen zeigt bereits Wirkung. Versicherungsmakler berichten, dass die Kosten für die Versicherung von Kohle mit dem Schrumpfen des Marktes steigen dürften. Das ist eine gute Nachricht für das Klima und eine Aufforderung an die Versicherungskonzerne noch konsequenter Kohle und andere fossile Energieträger auszuschließen.“

Peter Bosshard, Koordinator der Unfriend Coal-Kampagne, ergänzt mit Blick auf die globale Situation: „Der Abzug der Versicherer aus Kohlegeschäften hat sich seit dem Start unserer Kampagne im Jahr 2017 stark beschleunigt. Versicherer sollen die Risiken der Gesellschaft absichern. Es ist ihre Verantwortung und in ihrem Eigeninteresse, einen Beitrag gegen die Klimakrise zu leisten.“

Gesamte Versicherer-Studie zum Download:
https://unfriendcoal.com/2019scorecard

Übersicht sämtlicher Bewertungen der Versicherer:
https://t1p.de/hrvq

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